Neue Technologie soll kontaminierte Holzkonstruktionen retten

Von Dominik Hochwarth

In Deutschland gibt es etwa drei Millionen Gebäude, die mit giftigen Holzschutzmitteln wie Lindan und Pentachlorphenol (PCP) belastet sind. Diese Substanzen wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren eingesetzt, um Holz vor Pilz- und Insektenbefall zu schützen. Heute weiß man, dass sie krebserregend und neurotoxisch sind. Obwohl sie seit 1989 verboten sind, stellen sie immer noch eine Gefahr dar, da sie schwerflüchtig sind und am Material haften. Besonders betroffen sind historische Gebäude und Altbauten, aber auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Kindergärten. Nun soll eine neue Technologie solch kontaminierte Holzkonstruktionen retten.

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Früher wurden häufig giftige Holzschutzmittel verwende, um Holz vor Pilz- und Insektenbefall zu schützen. Mit einer neuen Technologie sollen diese nun unschädlich gemacht werden.

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Die Problematik bisheriger Sanierungsmaßnahmen

Bisherige Methoden zur Minimierung der Schadstoffbelastung sind nicht nur kostspielig, sondern auch nicht nachhaltig. Das Isolieren der kontaminierten Bereiche oder das Entsorgen der belasteten Materialien als Sondermüll sind oft keine langfristigen Lösungen. Diese Maßnahmen können zudem hohe Kosten verursachen und sind aus ressourcentechnischer und energetischer Sicht nachteilig.

Forschende des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) entwickeln im Projekt CycloPlasma eine revolutionäre Methode zur Sanierung kontaminierter Holzkonstruktionen. Ziel ist es, die gefährlichen Schadstoffe rückstandsfrei, nachhaltig und gesundheitlich unbedenklich zu entfernen. Dabei kombinieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein innovatives Adsorbermaterial mit der Plasmatechnologie.

Die Rolle der Cyclodextrine

Als Adsorbermaterial verwenden die Forschenden Cyclodextrine (CD). Diese Moleküle sind in der Lage, Schadstoffe wie Lindan und PCP einzufangen und zu binden. Cyclodextrine wurden bereits vor hundert Jahren entdeckt und kommen unter anderem bei der Sanierung von schwermetall- oder ölverunreinigten Böden zum Einsatz. In der Medizin nutzt man sie, um Wirkstoffe verzögert freizusetzen.

Dr. Andrea Burdack-Freitag, stellvertretende Abteilungsleiterin und Leiterin der Gruppe Analytik und Angewandte Sensorik am Fraunhofer IBP, erklärt: „Cyclodextrine sind ringförmige Dextrosemolekül-Ketten, die enzymatisch aus Stärke gewonnen werden. Diese Ringstrukturen umschließen das Lindan und PCP in einem Hohlraum und kapseln sie somit komplett ein.“

Neues Gel gegen hohe Schadstoffkonzentrationen

Die Forschenden haben eine neue gelförmige Rezeptur aus den Cyclodextrinen entwickelt, die sich zerstörungsfrei auf Holz auftragen lässt. Das Gel ist farblos, ungiftig, biologisch abbaubar und abwaschbar. Es sickert in die Poren des Holzes ein und saugt die Schadstoffe wie ein Schwamm auf.

Sollte die Schadstoffkonzentration zu hoch sein, können die überschüssigen Schadstoffe in die Innenraumluft abgegeben werden. Hier kommt die Plasmatechnologie zum Einsatz. Ein Plasmagerät, das sich an der Decke anbringen lässt, saugt die schädlichen Stoffe auf und macht sie unschädlich. Elektroden im Gerät erzeugen ein Plasmagas, das die Schadstoffe chemisch abbaut. Aktivkohlefilter verhindern, dass gasförmige Abbauprodukte aus dem Gerät entweichen.

Tests im Freilichtmuseum

Die ersten Laboruntersuchungen waren erfolgreich. Derzeit wird die Technologie im kontaminierten Dachgeschoss der historischen Thürlmühle im Freilichtmuseum Glentleiten praktisch erprobt. In den Dachstühlen historischer Gebäude befinden sich oft gefährliche Schadstoffe aus früheren Holzschutzmitteln. Arbeitsschutzuntersuchungen ergaben dort hohe Belastungen.

In Laborversuchen konnten die vorhandenen Schadstoffe komplett abgebaut werden. In der Thürlmühle ließ sich die Schadstoffkonzentration bisher auf ein Drittel der Ausgangskonzentration senken. Wird die Lasur dicker aufgetragen, lässt sich die Konzentration noch weiter reduzieren. Nach den Tests kam es weder zur Schimmelbildung, noch wurde das Holz beschädigt. Langzeitversuche sollen zeigen, wie stabil die CD-Schicht bleibt und ob langfristig keine Schadstoffe entweichen.

Anwendungen und Ausblick

Die CycloPlasma-Technologie eignet sich nicht nur für Holzkonstruktionen, sondern möglicherweise auch für andere Baumaterialien wie Beton und Estrich, sofern diese ebenfalls mit Lindan und PCP belastet sind. Tests mit potenziellen Industriepartnern stehen jedoch noch aus.

Die Forschenden haben ihre Rezeptur für den Sanierungs- und Baubereich zum Patent angemeldet. Denkbar ist auch die Restaurierung von Holzmöbeln und Holzobjekten. Je nach Schadstoffbelastung und Raumgröße lassen sich die Adsorber- und Plasmatechnologie kombinieren.

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