Sie stehen verlassen in der Landschaft, einst geplant als blühende Metropolen oder lebendige Siedlungen – heute sind sie nur noch leere Hüllen vergangener Visionen. Geisterstädte faszinieren und verstören zugleich. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf einige der bekanntesten Geisterstädte weltweit und untersuchen, welche Schicksale sie erwartet haben. Zudem schauen wir uns an, welche Städte, Dörfer und Gebäude in Deutschland zu Lost Places wurden.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Bekannte Geisterstädte und Mega-Bauwerke
- Geisterstädte oder verlassene Orte in Deutschland
- Warum entstehen Geisterstädte?
Bekannte Geisterstädte und Mega-Bauwerke
Geisterstädte gibt es überall auf der Welt – und jede hat ihre eigene Geschichte. Einige waren ambitionierte Bauprojekte, die nie richtig in Gang kamen, andere wurden durch Katastrophen oder wirtschaftliche Veränderungen unbewohnbar. Die folgenden vier Beispiele stehen stellvertretend für verschiedene Arten von Geisterstädten und zeigen, wie unterschiedlich ihr Schicksal verlaufen kann.
Ordos Kangbashi (China) – Die moderne Geisterstadt
Ordos Kangbashi ist ein eindrucksvolles Beispiel für eine Geisterstadt der Moderne. In den frühen 2000er-Jahren plante die chinesische Regierung den Bau einer völlig neuen Stadt für eine Million Menschen in der Inneren Mongolei. Moderne Hochhäuser, breite Straßen, futuristische Museen und riesige Regierungsgebäude sollten Ordos Kangbashi zu einem pulsierenden Zentrum machen.
Doch die Realität sah anders aus. Trotz der massiven Investitionen blieb die Stadt fast leer. Der Grund: eine überhitzte Immobilienblase. Die Wohnungen waren zu teuer für die lokale Bevölkerung, Investoren spekulierten auf weiter steigende Preise und viele Gebäude wurden zwar gebaut, aber nie wirklich genutzt. Dazu kamen Planungsfehler, die die Ansiedlung von Unternehmen erschwerten, und eine mangelnde Infrastruktur für die ländliche Bevölkerung, die in die Stadt hätte ziehen sollen.
Mittlerweile gibt es Anzeichen einer langsamen Revitalisierung. Einige Regierungsbehörden haben ihren Sitz nach Ordos Kangbashi verlegt, und neue Bewohner ziehen allmählich ein. Dennoch bleibt die Stadt ein Symbol für gescheiterte Stadtplanung im Zeichen des übersteigerten Wachstums.

Prypjat (Ukraine) – Das Mahnmal von Tschernobyl
Prypjat ist eine der bekanntesten Geisterstädte der Welt – und das traurige Symbol einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen der Geschichte. 1970 als Wohnstadt für die Arbeiter des nahegelegenen Kernkraftwerks Tschernobyl gegründet, war Prypjat eine moderne sowjetische Stadt mit Schulen, Krankenhäusern und sogar einem Freizeitpark.
Am 26. April 1986 änderte sich alles. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl wurde die Stadt in Windeseile evakuiert. Innerhalb weniger Stunden verließen rund 50.000 Menschen ihre Heimat – viele von ihnen dachten, sie würden bald zurückkehren. Doch bis heute ist die Stadt unbewohnt, und die Natur hat begonnen, sie zurückzuerobern. Gebäude verfallen, Bäume wachsen durch die Straßen, und wilde Tiere haben Prypjat als Lebensraum entdeckt.
Obwohl die Strahlung in weiten Teilen der Stadt gesunken ist, bleibt sie offiziell Sperrgebiet. Trotzdem zieht Prypjat zahlreiche Touristen an, die die gespenstische Atmosphäre erleben wollen. So war es zumindest vor dem russischen Angriffskrieg. Geführte Touren waren ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Region, und Filme, Serien und Videospiele (wie „S.T.A.L.K.E.R.“ oder „Call of Duty: Modern Warfare“) haben die Legende von Prypjat weiter verbreitet.
Über Tschernobyl habe ich für meinen Arbeitgeber folgenden Beitrag verfasst: Tschernobyl heute: zwischen Krieg, Rückbau und Strahlenbelastung

Hashima Island (Japan) – Von der Kohlemine zur Geisterinsel
Einst war Hashima Island, auch bekannt als „Battleship Island“ (Schlachtschiff-Insel), einer der am dichtesten besiedelten Orte der Welt. Die winzige Insel diente als Wohnsiedlung für die Arbeiter einer riesigen Unterwasser-Kohlemine, die ab dem späten 19. Jahrhundert ausgebeutet wurde. Die japanische Regierung und das Unternehmen Mitsubishi bauten auf der kleinen Felseninsel ein einzigartiges städtisches Gebilde aus Hochhäusern, Schulen und Geschäften – alles, was die mehr als 5.000 Einwohner zum Leben brauchten.
Doch in den 1970er-Jahren wurde Kohle zunehmend durch Erdöl ersetzt, und die Mine wurde geschlossen. Innerhalb weniger Wochen verließen die Bewohner die Insel, und seitdem steht sie leer. Wind und Wetter haben die Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten schwer beschädigt, und Hashima wurde zur berühmtesten Geisterinsel Japans.
Seit 2015 gehört Hashima Island zum UNESCO-Weltkulturerbe und zieht zahlreiche Touristen an. Besucher können die verlassenen Gebäude bei geführten Touren bestaunen – auch wenn große Teile der Insel aus Sicherheitsgründen gesperrt bleiben. Zudem erlangte Hashima internationale Berühmtheit als Drehort für den James-Bond-Film „Skyfall“, in dem sie als geheime Verbrecherbasis diente.

Naypyidaw (Myanmar) – Die verlassene Hauptstadt
Eine der ungewöhnlichsten modernen Geisterstädte der Welt ist Naypyidaw, die offizielle Hauptstadt von Myanmar. Anders als klassische Geisterstädte wurde sie nicht durch eine Katastrophe oder wirtschaftlichen Niedergang verlassen – sondern sie war von Anfang an menschenleer.
2005 entschied die Militärregierung Myanmars, die Hauptstadt des Landes von Yangon nach Naypyidaw zu verlegen. Die Stadt wurde in Rekordzeit gebaut und mit einer modernen Infrastruktur ausgestattet. Es gibt breite Straßen mit bis zu 20 Fahrspuren, große Regierungsgebäude, Luxus-Hotels und Einkaufszentren. Doch ein Problem blieb: Es gibt kaum Menschen, die dort leben wollen.
Ein Großteil der Bevölkerung und der Wirtschaft blieb in Yangon, und Naypyidaw wirkte von Anfang an wie eine leere Kulisse. Die riesigen Straßen sind oft fast menschenleer, Hotels stehen leer, und abseits der Regierungsviertel gibt es kaum Anreize für Unternehmen oder Bewohner, in die Stadt zu ziehen.
In den letzten Jahren hat die Regierung versucht, durch Veranstaltungen und internationale Konferenzen mehr Leben in die Stadt zu bringen. Doch bislang bleibt Naypyidaw eines der größten modernen Fehlplanungsprojekte – eine Hauptstadt ohne Hauptstadtleben.
Geisterstädte oder verlassene Orte in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es verlassene Orte und Geisterstädte – wenn auch in einer etwas anderen Form als in anderen Ländern. Während es keine komplett verlassenen Städte im klassischen Sinne gibt, existieren zahlreiche Lost Places, also verlassene Gebäude, Siedlungen oder sogar ganze Ortschaften, die nicht mehr bewohnt sind. Einige bekannte Beispiele stellen wir kurz vor.
Wüstung Lopau (Niedersachsen) – Verschwundene Dörfer durch Truppenübungsplätze
In Deutschland wurden einige Dörfer aufgrund von Militärübungen oder der Einrichtung von Sperrgebieten aufgegeben. Eines der bekanntesten Beispiele ist Lopau in Niedersachsen, das in den 1950er-Jahren für den Truppenübungsplatz Munster geräumt wurde. Die Bewohner wurden umgesiedelt, und das Dorf verschwand von der Landkarte.
Ähnliche Beispiele gibt es auch in anderen Bundesländern, etwa im ehemaligen Truppenübungsplatz Colbitz-Letzlinger Heide (Sachsen-Anhalt) oder im Sperrgebiet Heidehof (Brandenburg).
Dorf Wollseifen (Eifel) – Vom Dorf zum Truppenübungsplatz
Ein besonders berühmtes Beispiel ist Wollseifen in Nordrhein-Westfalen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Dorf von den britischen Besatzern geräumt, um es als Truppenübungsplatz zu nutzen. Die Bewohner mussten ihre Heimat verlassen, und heute stehen dort nur noch Ruinen und Übungsgebäude der Bundeswehr. Wollseifen kann besichtigt werden und ist eine der bekanntesten verlassenen Ortschaften in Deutschland.
Die „verlorenen Orte“ der DDR – Verlassene Städte durch den Mauerfall
Nach der Wiedervereinigung verließen viele Menschen ihre Heimat in strukturschwachen Regionen der ehemaligen DDR. Dadurch entstanden in einigen Gebieten halbleere Ortschaften oder verlassene Plattenbauten, insbesondere in Gegenden wie Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt. Besonders betroffen waren ehemalige Bergbau- und Industriestädte, die nach dem Niedergang der DDR-Wirtschaft keinen Anschluss fanden.
Ein Beispiel ist das ehemalige Uranbergbaugebiet der Wismut AG: Nach der Schließung der Bergwerke blieben zahlreiche verlassene Wohnhäuser und Industriegelände zurück.
Verlassene Krankenhäuser, Kasernen und Industrieanlagen
Viele der bekanntesten Lost Places in Deutschland sind keine ganzen Städte, sondern große, verlassene Gebäude, die einst bedeutende Funktionen hatten:
- Beelitz-Heilstätten (Brandenburg): Eine riesige verlassene Lungenheilanstalt, die später von der Sowjetarmee genutzt wurde. Heute ein beliebter Ort für Urbex-Fans.
- Heilstätte Grabowsee (Brandenburg): Eine weitere verlassene Lungenheilanstalt, die langsam verfällt.
- Bärenquell-Brauerei (Berlin): Eine stillgelegte Brauerei, die heute eine beeindruckende Ruine ist.
- Flughafen Tempelhof (Berlin): Obwohl Teile heute genutzt werden, sind viele Bereiche des riesigen Flughafens verlassen.
Geisterdörfer durch Braunkohleabbau
Einige Dörfer wurden in den letzten Jahrzehnten für den Braunkohleabbau abgerissen oder aufgegeben. Dazu zählen zum Beispiel:
- Manheim (NRW) – Verlassen, um dem Tagebau Hambach zu weichen.
- Immerath (NRW) – Fast komplett verschwunden, für den Tagebau Garzweiler abgerissen.
- Pödelwitz (Sachsen) – War ebenfalls vom Abriss bedroht, doch einige Bewohner kämpften für den Erhalt.
Solche Dörfer werden oft umgesiedelt, sodass sie nicht „Geisterstädte“ im klassischen Sinn sind – dennoch erinnern ihre verlassenen Häuser und Straßen an aufgegebene Orte.

Warum entstehen Geisterstädte?
Geisterstädte entstehen aus den unterschiedlichsten Gründen. Manche sind das Ergebnis von fehlgeplanten Bauprojekten oder wirtschaftlichen Fehlschlägen, andere wurden durch Naturkatastrophen oder den Klimawandel unbewohnbar. Auch politische und soziale Umstände können dazu führen, dass einst lebendige Städte plötzlich verlassen sind. Im Folgenden betrachten wir die wichtigsten Ursachen für das Entstehen von Geisterstädten.
Wirtschaftliche Fehlschläge
Einer der häufigsten Gründe für das Entstehen von Geisterstädten ist wirtschaftliches Scheitern. Besonders Städte, die durch massive Investitionen oder Industrieansiedlungen gewachsen sind, können bei einer wirtschaftlichen Krise plötzlich verwaisen.
Ein Beispiel dafür sind Spekulationsblasen im Immobilienmarkt. In vielen Ländern, insbesondere in China, entstanden in den letzten Jahrzehnten ganze Städte, die als lukrative Investitionsprojekte gedacht waren. Wohlhabende Anleger kauften Wohnungen und Häuser als Wertanlage, anstatt sie selbst zu bewohnen oder zu vermieten. Das Problem: Ohne tatsächliche Bewohner blieben diese neuen Städte weitgehend ungenutzt. Als schließlich die Preise fielen und die Blase platzte, standen viele dieser Bauprojekte plötzlich leer – klassische moderne Geisterstädte waren geboren.
Auch der Niedergang von Industriezentren hat zahlreiche Städte weltweit in die Bedeutungslosigkeit gestürzt. Ein prominentes Beispiel ist Detroit in den USA. Einst das Herz der amerikanischen Autoindustrie, geriet die Stadt durch die Abwanderung von Produktionsstätten und wirtschaftliche Umbrüche in eine schwere Krise. Fabriken wurden geschlossen, Hunderttausende Menschen zogen weg, und viele Stadtteile verwandelten sich in gespenstische Ruinenlandschaften. Detroit ist eines der eindrucksvollsten Beispiele für den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wandel und dem Entstehen von verlassenen Stadtgebieten.
Umweltkatastrophen und Klimawandel
Neben wirtschaftlichen Faktoren spielen auch Naturkatastrophen und der Klimawandel eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Geisterstädten.
Ein drastisches Beispiel ist Fukushima in Japan. Nach der Reaktorkatastrophe im Jahr 2011 wurde ein großer Teil der Umgebung zur Sperrzone erklärt, da die radioaktive Strahlung das Leben dort unmöglich machte. Städte und Dörfer wurden evakuiert, viele Menschen mussten ihre Heimat für immer verlassen. Auch heute, mehr als ein Jahrzehnt später, sind einige Gebiete weiterhin unbewohnbar – und Fukushima bleibt eine der bekanntesten Geisterregionen der Welt.
Doch nicht nur plötzliche Katastrophen können eine Stadt unbewohnbar machen. Der steigende Meeresspiegel durch den Klimawandel stellt eine wachsende Bedrohung für zahlreiche Küstenstädte dar. Schon heute gibt es erste verlassene Ortschaften, die durch Küstenerosion oder zunehmende Überschwemmungen aufgegeben wurden. Besonders bedroht sind dabei Regionen wie Bangladesch, Teile von Indonesien und die Pazifikinseln, wo ganze Dörfer bereits umgesiedelt werden mussten. In der Zukunft könnten noch viel mehr Städte zu Geisterstädten werden, wenn sich der Klimawandel weiter verschärft.
Politische und soziale Ursachen
Nicht nur wirtschaftliche oder natürliche Ursachen spielen eine Rolle – auch politische Entscheidungen und soziale Veränderungen können dazu führen, dass Städte plötzlich verlassen werden.
Ein Beispiel dafür ist die Geisterstadt Varosha auf Zypern. Einst ein beliebter Badeort, wurde die Stadt nach der türkischen Invasion Zyperns 1974 vollständig evakuiert. Seitdem steht Varosha leer – ein Mahnmal eines ungelösten politischen Konflikts. Jahrzehntelang war die Stadt in einer Art politischen „Einfrieren“ gefangen: Niemand durfte sie bewohnen, doch ihre Gebäude blieben weitgehend intakt. Erst in den letzten Jahren gibt es Bestrebungen, Teile der Stadt wiederzubeleben.
Ein weiteres Beispiel für politisch bedingte Geisterstädte sind Umsiedlungsprogramme und zentral gesteuerte Stadtverlagerungen. In Ländern wie Brasilien oder der ehemaligen Sowjetunion wurden Städte oft gezielt an neue Standorte verlegt oder bestimmte Regionen zwangsweise umgesiedelt. Manchmal erwiesen sich diese Projekte als Fehlschläge, weil die neu geschaffenen Städte nicht genug wirtschaftliche Anziehungskraft hatten oder die Bevölkerung lieber in ihren alten Siedlungen blieb. Solche Planungsfehler führten dazu, dass einige Städte bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung wieder aufgegeben wurden.