Bunker Valentin in Bremen: 419 Meter langes Weltkriegs-Mahnmal

Von Dominik Hochwarth

Der Bunker Valentin in Bremen ist ein gewaltiges Relikt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs und das größte Mahnmal Deutschlands für diese düstere Epoche. Ursprünglich als U-Boot-Werft geplant, steht der Bunker für die Grausamkeiten und Verbrechen der nationalsozialistischen Herrschaft. Bei seinem Bau verloren über 1.600 Zwangsarbeiter ihr Leben. Dieser Beitrag beleuchtet die Geschichte des Bunkers, seine Nutzung und seine Bedeutung als Gedenkstätte.

Bunker Valentin
Der Bunker Valentin ist 419 Meter lang und besitzt 4,5 Meter starke Betonwände

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Geschichte des Bunkers Valentin

Der Bau des Bunkers Valentin begann im Mai 1943 im nordwestlichen Teil von Bremen, im Ortsteil Farge. Die Nationalsozialisten planten hier eine bombensichere Werft für den Bau von U-Booten des Typs XXI. Diese U-Boote sollten in der Lage sein, jedem Luftangriff standzuhalten. Die Wände und Decken des Bunkers wurden deshalb bis zu sieben Meter dick gebaut.

Die Region um Bremen war bereits seit 1938 durch die Aktivitäten der Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft (Wifo), einer Tarnorganisation des Reichswirtschaftsministeriums, stark militarisiert. Wifo baute hier riesige unterirdische Bunker zur Lagerung von Treibstoff und Ölen, um die Kriegsvorbereitungen zu unterstützen. Ab 1943 wurden diese Bunkerbauprojekte auf den Bau des Bunkers Valentin ausgeweitet.

Bau und Zwangsarbeit

Für den Bau des Bunkers Valentin wurden Tausende von Zwangsarbeitern aus ganz Europa und Nordafrika eingesetzt. Unter ihnen waren zivile Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. Die Arbeitsbedingungen waren extrem hart und menschenunwürdig. Mangelernährung, Krankheiten und willkürliche Gewalt forderten das Leben von über 1.600 Menschen. Täglich arbeiteten bis zu 12.000 Zwangsarbeiter auf der Baustelle, unter ständiger Überwachung und brutalem Druck.

Der Bunker wurde zu etwa 95 Prozent fertiggestellt, doch aufgrund des fortschreitenden Kriegsverlaufs konnte die Produktion der geplanten U-Boote nicht mehr aufgenommen werden. Am 30. März 1945 durchschlugen zwei schwere Sprengbomben die Decke des Bunkers und beendeten die Bauarbeiten endgültig.

Ausmaße und Bautechnik des Bunkers Valentin

Mit einer Länge von 419 Metern ist der Bunker Valentin das längste Gebäude Bremens, und nur der Speicher XI in der Überseestadt kommt mit 403 Metern in seine Nähe.

Abmessungen und Struktur

Die Dimensionen des Bunkers sind enorm:

  • Länge: 419 Meter (manche Quellen geben auch 426 Meter an)
  • Breite: 67 Meter im Osten und 97 Meter im Westen
  • Außenhöhe: 20 bis 22 Meter, bei einer Deckenerhöhung sogar 30 bis 33 Meter
  • Innenhöhe: 18 Meter
  • Grundfläche: 35.375 Quadratmeter
  • Gesicherter umbauter Raum: 520.000 Kubikmeter

Baumaterialien

Die Bauweise des Bunkers Valentin erforderte enorme Mengen an Materialien:

  • Verbauter Beton: knapp 500.000 Kubikmeter
  • Verwendete Materialien: Eine Million Tonnen Kies und Sand, 132.000 Tonnen Zement und 20.000 Tonnen Stahl.

Betonkonstruktion

Die Decken und Wände des Bunkers sind ein eindrucksvolles Beispiel für die damals angewandte Betontechnologie.

  • Betondicke der Decken (erste Ausbaustufe): 4,5 Meter
  • Betondicke der Decken (zweite Ausbaustufe): 7 Meter
  • Betondicke der Außenwände: 4,5 Meter

Diese massiven Betonschichten sollten sicherstellen, dass die Anlage bombensicher war und jeder Art von Angriff standhalten konnte. Die Bunkerbauweise umfasste eine sogenannte Zerschellschicht, die durch die enorme Dicke der Decken realisiert wurde. Diese Konstruktionsweise sollte verhindern, dass alliierte Bomben die Produktion der U-Boote stören konnten.

Fundament und Stabilität

Der Bunker steht auf Lauenburger Ton, einem besonders festen und stabilen Untergrund. Anstatt einer kompletten Fundamentplatte wurden lediglich Fundamentstreifen verwendet:

  • Tiefe der Fundamentstreifen: 6,5 bis 15 Meter
  • Breite der Fundamentstreifen: 11 bis 12 Meter

Diese Fundamentkonstruktion gewährleistete trotz der gigantischen Dimensionen des Bauwerks eine hohe Stabilität. Noch heute werden Messungen zur Absenkung des Bauwerks durchgeführt, um einzigartige Erfahrungswerte für statische Berechnungen zu gewinnen.

Bauphasen und Planung

Die Bauleitung lag bei der Arbeitsgemeinschaft Agatz & Bock sowie der Deschimag AG Weser. Insgesamt waren 50 Firmen in zwei Arbeitsgemeinschaften an der Bauausführung beteiligt. Für die Anlieferung der Baustoffe wurden Kaianlagen an der Weser geschaffen und eine Nebenstrecke der Marinebahn Farge–Schwanewede gebaut.

Der Bau des Bunkers fand praktisch unter den Augen der Alliierten statt, was zahlreiche Luftbilder belegen. Dennoch wurde die Baustelle erst kurz vor ihrer Inbetriebnahme angegriffen.

Geplante Nutzung als U-Bootwerft

Im Bunker Valentin sollten U-Boote in einer Montagelinie zusammengebaut und komplett ausgerüstet werden. Geplant waren 13 Montagestationen, wobei die letzte Station ein Wasserbecken mit Ausfahrt zur Weser beinhaltete. Nach der Fertigstellung sollten monatlich bis zu 14 U-Boote produziert werden, was die Bedeutung des Bunkers für die deutsche Kriegsmarine unterstrich.

Nachkriegsgeschichte des Bunkers Valentin

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stand der Bunker Valentin zunächst leer und wurde nur sporadisch genutzt. Im Jahr 1948 plante der Bremer Senator für das Bauwesen, den Bunker durch Trümmerschutt und Erdaufschüttungen in einen großen Hügel zu verwandeln, um ihn als Parklandschaft zu nutzen. Für die komplette Einebnung des Geländes wären etwa 800.000 Kubikmeter Material nötig gewesen. Aufgrund der enormen Kosten von rund einer Million Mark wurde dieses Projekt jedoch aufgegeben. Stattdessen entwickelte sich die Weserseite des Bunkergeländes eigenständig zu einem beliebten Bade-, Angel- und Campingplatz.

1950er Jahre: Öffentliche Aufmerksamkeit und pragmatische Nutzung

In den 1950er Jahren rückte der Bunker Valentin wieder in das öffentliche Bewusstsein, allerdings lag der Fokus hauptsächlich auf seinen technischen Leistungen und seiner Größe. Er wurde als „Wunder“ oder gar „Achtes Weltwunder“ bezeichnet. Selbst der Fund einer Leiche im Fundament des Bunkers am 28. Juni 1957 – es handelte sich offensichtlich um einen verstorbenen Zwangsarbeiter – führte nicht zu einer weitergehenden Auseinandersetzung mit den negativen Aspekten des Bunkerbaus.

Stattdessen wurden verschiedene pragmatische Nutzungen des Bunkers diskutiert. So sollte das Gebäude beispielsweise als großes Kühlhaus oder sogar als Atomreaktor verwendet werden. Beide Ideen, ebenso wie der Plan zur Errichtung einer Freizeitanlage, wurden letztlich aus Kostengründen verworfen. Nach der Wiederbewaffnung Deutschlands war der Bunker sogar als Depot für amerikanische Atomwaffen vorgesehen, doch auch dieser Plan wurde nie umgesetzt.

Nutzung durch die Bundeswehr

Im Oktober 1960 beschloss die Bundeswehr, den Bunker Valentin als Materialdepot der Marine zu nutzen. Ab 1964 begannen umfangreiche Instandsetzungsarbeiten an etwa 40 Prozent des Bunkers, um ihn in ein Marinedepot umzubauen. Seit dem 1. Oktober 1966 wurden hier Ersatzteile, Bordausrüstungen und nautisches Zubehör verschiedener Schiffstypen gelagert. Später kamen auch Materialien für Bordhubschrauber hinzu.

Das Gelände des ehemaligen Außenlagers diente bereits seit Ende der 1950er Jahre als Panzerübungsgelände und war Teil des Standortübungsplatzes der Bundeswehrgarnison. Dieses Teildepot des Wilhelmshavener Marinematerialdepots 2 wurde bis 2010 genutzt, bevor es aufgegeben wurde.

Umwandlung zur Gedenkstätte

Erst ab 2011 begann die Umwandlung des Bunkers Valentin zu einer Gedenkstätte. Die Landeszentrale für politische Bildung Bremen investierte zusammen mit dem Bund und dem Land Bremen 3,8 Millionen Euro, um den Bunker als Erinnerungsort an die Verbrechen der Nationalsozialisten und die Schrecken des Krieges zu etablieren.

Am 8. November 2015 wurde die Gedenkstätte offiziell eröffnet. Seitdem ist der Bunker Valentin ein Ort des Gedenkens und der Bildung, der Besuchern die Möglichkeit bietet, die Geschichte dieses beeindruckenden und zugleich tragischen Bauwerks zu erkunden. Führungen und Ausstellungen im Besucherzentrum sowie ein Multimediaguide machen die Geschichte des Bunkers für die Öffentlichkeit zugänglich und verständlich.

Bedeutung des Bunkers als Mahnmal

Der Bunker Valentin ist mehr als nur ein Überbleibsel des Zweiten Weltkriegs. Er ist ein Mahnmal für die Schrecken des Krieges und die Verbrechen der Nationalsozialisten. Der Ort erinnert an die unzähligen Zwangsarbeiter, die unter unmenschlichen Bedingungen leiden mussten und ihr Leben verloren.

Der Bunker steht auch als Symbol für die zerstörerische Kraft des Krieges und die Notwendigkeit, sich an die Geschichte zu erinnern, um solche Gräueltaten in der Zukunft zu verhindern. Er ist ein wichtiger Lernort für zukünftige Generationen, um die Schrecken des Krieges und die Bedeutung von Frieden und Menschenrechten zu verstehen.

Besuch der Gedenkstätte

Die Gedenkstätte Bunker Valentin ist für Besucher zugänglich und bietet regelmäßige Führungen an. Diese finden dienstags, freitags und sonntags statt. Der Eintritt kostet sieben Euro pro Person, Gruppen bis zu 25 Personen zahlen 70 Euro. Für Führungen in Fremdsprachen wird ein Beitrag von 80 Euro erhoben.

Zusätzlich zum Besucherzentrum gibt es einen Multimediaguide, der als App unter dem Suchbegriff „Denkort Bunker Valentin“ heruntergeladen werden kann. Diese moderne Aufbereitung ermöglicht es den Besuchern, die Geschichte des Bunkers und seiner Zwangsarbeiter auf interaktive Weise zu erkunden.

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