Es gibt Werkzeuge, die fast jeder in der Werkstatt liegen hat, aber deren Unterschiede oft unterschätzt werden: Feilen und Raspeln. Beide dienen dazu, Material abzutragen – doch die Art und Weise unterscheidet sich deutlich. Wer Holz, Metall oder Kunststoff von Hand bearbeitet, kommt ohne sie kaum aus. Aber wann greift man zur Feile, wann zur Raspel? Und welche Arten gibt es überhaupt?

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Feilen – die präzisen Alleskönner
- Raspeln – die Grobarbeiter im Werkzeugkasten
- Der Hieb macht den Unterschied
- Werkstattfeilen – die Klassiker
- Präzisionsfeilen – für Feinarbeit und Modellbau
- So setzen Sie Feilen und Raspeln richtig ein
- Pflege und Aufbewahrung – so bleiben sie lange scharf
- Kaufberatung: Welche Feile für wen?
- Fehler, die Sie vermeiden sollten
- Nun liegt es an Ihnen, die richtige Wahl zu treffen
Schon im alten Handwerk waren Feilen unverzichtbar. Schmiede nutzten sie, um Metallteile in Form zu bringen. Tischler setzten Raspeln ein, um Holz grob zu bearbeiten. Auch heute noch gehören beide in jede Werkzeugkiste. Doch ihre richtige Anwendung will gelernt sein.
Feilen – die präzisen Alleskönner
Die Feile ist ein Werkzeug aus gehärtetem Stahl mit dicht aneinandergereihten Einkerbungen. Diese Einkerbungen nennt man Hiebe. Jede einzelne wirkt wie eine kleine Schneide. Führen Sie die Feile über das Werkstück, heben die Hiebe winzige Späne ab. Das Ergebnis: eine gleichmäßige, kontrollierte Bearbeitung.
Feilen gibt es in zahllosen Formen und Größen – von der groben Werkstattfeile bis zur feinen Nadelfeile für filigrane Arbeiten. Sie sind nicht nur für Metall gedacht. Auch Holz, Kunststoff, Gummi oder Stein lassen sich mit der passenden Feile bearbeiten.
Ein erfahrener Handwerker sagte einmal: „Mit einer Feile kann man Zeit verlieren – oder Perfektion gewinnen.“ Das beschreibt die Sache gut. Feilen brauchen Geduld. Wer sauber arbeitet, wird mit glatten Oberflächen und exakten Formen belohnt.
Raspeln – die Grobarbeiter im Werkzeugkasten
Die Raspel sieht ähnlich aus, arbeitet aber anders. Ihre Zähne stehen einzeln und wirken wie kleine Krallen. Jeder Zahn gräbt sich separat ins Material. Dadurch lassen sich große Mengen in kurzer Zeit abtragen.
Raspeln sind ideal, wenn es schnell gehen soll: Ein Balken muss in Form gebracht, ein Stück Holz angepasst oder eine Gipsfläche bearbeitet werden. Das Ergebnis ist rau, aber dafür geht es flott.
Besonders im Holzbau sind Raspeln beliebt. Auch beim Modellbau oder bei Restaurationsarbeiten kommen sie zum Einsatz. Wer jedoch eine glatte Oberfläche will, muss im Anschluss mit der Feile oder Schleifpapier nacharbeiten.
Der Hieb macht den Unterschied
Der Fachbegriff „Hieb“ bezeichnet die Anordnung der Zähne. Bei Feilen gibt es unterschiedliche Formen:
- Einhieb: Parallele Linien, die feine Oberflächen erzeugen. Ideal zum Schärfen von Sägen.
- Kreuzhieb: Zwei Hiebe, die sich kreuzen. Sie sorgen für gute Spanabnahme und gleichmäßige Ergebnisse.
- Doppelhieb: Grober Unterhieb plus feiner Oberhieb. Damit entstehen kleine Späne, die sich leicht entfernen lassen.
Bei Raspeln spricht man ebenfalls von Hieben, auch wenn die Zähne hier einzeln stehen. Die Hiebnummern (1 bis 3) geben die Feinheit an: 1 bedeutet grob, 3 vergleichsweise fein. Wichtig: Eine lange Raspel mit derselben Hiebnummer wirkt gröber als eine kurze, weil die Abstände der Zähne größer sind.
Grob | Hieb Nr. 0 |
Bastard | Hieb Nr. 1 |
Halbschlicht | Hieb Nr. 2 |
Schlicht | Hieb Nr. 3 |
Doppelschlicht | Hieb Nr. 4 |
Für Präzisionsfeilen gibt es zusätzlich noch die Hiebnummern 5, 6 und 8. Bei gefrästen Feilen wird zwischen groben Feilen mit der Zahnung 1, mittleren Feilen mit der Zahnung 2 und feinen Feilen mit der Zahnung 3 unterschieden.
Hieblänge in mm | Hiebnummer 1 | Hiebnummer 2 | Hiebnummer 3 | Hiebnummer 4 |
100 | 17 | 23 | 28 | 34 |
125 | 15 | 20 | 25 | 31 |
150 | 13 | 18 | 23 | 28 |
200 | 10 | 15 | 20 | 24 |
250 | 8 | 13 | 17 | 21 |
300 | 7 | 11 | 15 | 19 |
350 | 6.5 | 10 | 14 | 17 |
400 | 6 | 9 | 13 | 16 |
Hieblänge in mm | Hiebnummer 1 | Hiebnummer 2 | Hiebnummer 3 |
150 | 14 | 20 | 28 |
200 | 11 | 16 | 22 |
250 | 9 | 12 | 18 |
300 | 7 | 10 | 14 |
Flachstumpf | rund |
Flachspitz | messerförmig |
Halbrund | schwertförmig |
Dreikantig | barettförmig |
Vierkantig | Vogelzungen-förmig |
Werkstattfeilen – die Klassiker
In fast jeder Werkstatt findet man Werkstattfeilen. Sie sind robust, vielseitig und in vielen Querschnittsformen erhältlich: flach, rund, halbrund oder dreikantig. Je nach Form lassen sich damit Flächen, Innenradien oder Ecken bearbeiten.
Besonders praktisch: Schärffeilen. Mit ihnen lassen sich Sägeblätter, Scheren oder Messer wieder brauchbar machen. Auch Schlüsselfeilen gehören dazu – kleine Feilen, die bei feiner Mechanik, Schlüsseln und Schlössern zum Einsatz kommen.
Ein Tipp: Achten Sie bei der Auswahl nicht nur auf die Form, sondern auch auf die Hiebzahl. Härtere Werkstoffe brauchen feinere Hiebe, weichere Materialien vertragen grobere.
Präzisionsfeilen – für Feinarbeit und Modellbau
Wo es auf Genauigkeit ankommt, reichen normale Werkstattfeilen nicht mehr. Dann kommen Präzisionsfeilen ins Spiel. Sie sind sorgfältiger gefertigt, aus besserem Stahl und mit scharfkantigen Profilen versehen.
Ein Beispiel sind Nadelfeilen. Trotz ihres Namens müssen sie nicht spitz sein. Sie gibt es in vielen Formen, passend für filigrane Arbeiten. Diamantfeilen wiederum eignen sich für besonders harte Materialien wie Keramik, Glas oder gehärteten Stahl.
Ein Modellbauer erklärte einmal: „Ohne meine Nadelfeilen wäre kein Detail so sauber.“ Genau dafür sind sie gedacht: für Feinarbeiten, bei denen Geduld und Kontrolle wichtiger sind als Geschwindigkeit.

So setzen Sie Feilen und Raspeln richtig ein
Der beste Tipp zuerst: Feilen und Raspeln arbeiten nur in eine Richtung – beim Schieben. Auf dem Rückweg sollten Sie das Werkzeug entlasten. Viele Anfänger machen den Fehler, Druck in beide Richtungen auszuüben. Das schadet nicht nur dem Werkstück, sondern auch der Feile.
Weitere Tipps:
- Führen Sie lange Striche aus: Kurzes Hin-und-Her-Schrubben bringt unruhige Oberflächen.
- Nutzen Sie beide Hände: Eine Hand hält den Griff, die andere stützt die Spitze. So bleibt das Werkzeug stabil.
- Wählen Sie die richtige Form: Mit einer halbrunden Feile kommen Sie besser an Rundungen, mit einer dreikantigen in enge Ecken.
- Nicht übertreiben: Zu viel Druck führt oft dazu, dass sich Späne festsetzen oder die Oberfläche ungleichmäßig wird.
Pflege und Aufbewahrung – so bleiben sie lange scharf
Feilen und Raspeln sind robust, aber empfindlicher, als man denkt. Wer sie achtlos in die Werkzeugkiste wirft, riskiert, dass die Zähne stumpf werden. Besser ist es, sie einzeln aufzubewahren – eingerollt in einem Tuch oder in einem Halter.
Nach der Arbeit lohnt sich eine kurze Reinigung. Mit einer Draht- oder Feilenbürste lassen sich Späne aus den Hieben entfernen. Bei Aluminium oder Messing kann sich das Material festsetzen. In solchen Fällen hilft Kreide: Wenn man die Feile vorher mit Kreide einreibt, setzen sich weniger Späne fest.
Ein weiterer Tipp: Halten Sie Feilen von Öl fern. Öl kann die Späne im Hieb festkleben. Besser ist es, sie trocken und sauber zu lagern.
Kaufberatung: Welche Feile für wen?
Für den Hobbyheimwerker reicht oft ein Set mit einigen Grundformen: flach, rund, halbrund und dreikantig. Dazu ein, zwei Raspeln für grobe Holzarbeiten. Wer mehr im Metallbereich arbeitet, sollte gezielt Kreuzhieb- oder Doppelhiebfeilen kaufen.
Billigware aus dem Discounter ist verlockend, doch die Lebensdauer ist oft gering. Die Zähne sind schlecht gehärtet und nutzen sich schnell ab. Markenfeilen kosten etwas mehr, halten dafür deutlich länger.
Überlegen Sie vor dem Kauf:
- Bearbeiten Sie hauptsächlich Holz, Metall oder Kunststoff?
- Geht es um grobe oder feine Arbeiten?
- Brauchen Sie universelle Allrounder oder spezielle Präzisionswerkzeuge?
Die Antworten helfen, Geld sinnvoll zu investieren.
Fehler, die Sie vermeiden sollten
Auch erfahrene Heimwerker machen typische Fehler im Umgang mit Feilen und Raspeln:
- Falsches Werkzeug fürs Material: Eine Holzraspel bringt bei Stahl nichts. Umgekehrt ist eine feine Metallfeile für Gips völlig ungeeignet.
- Zu viel Druck: Wer glaubt, mehr Druck bedeute mehr Abtrag, irrt. Es verkürzt nur die Lebensdauer des Werkzeugs.
- Falsche Lagerung: Feilen lose in der Schublade stumpfen schneller ab.
- Unsaubere Technik: Kurze, ruckartige Bewegungen hinterlassen ungleichmäßige Oberflächen.
Nun liegt es an Ihnen, die richtige Wahl zu treffen
Feilen und Raspeln gehören zu den unscheinbaren, aber unverzichtbaren Werkzeugen. Die Raspel ist der schnelle Grobarbeiter, die Feile der präzise Feinschleifer. Wer die Unterschiede versteht, wählt das richtige Werkzeug und arbeitet effizienter.
Mit etwas Übung, der passenden Technik und etwas Pflege bleiben Feilen und Raspeln über viele Jahre treue Begleiter in der Werkstatt. Und dann gilt der alte Satz: „Die Arbeit macht das Werkzeug – und das Werkzeug macht die Arbeit.“