Warum braucht es eine Baugrubenwand und wann kommt sie zum Einsatz? Lernen Sie die verschiedenen Baugrubenwände und Verbauarten mit ihren Vor- und Nachteilen kennen.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Warum braucht es Baugrubenwände?
- Wann kommt ein Verbau zum Einsatz?
- Die Schlitzwand: Ideal für tiefe Baugruben in der Stadt
- Dichtwände: Wenn das Wasser draußen bleiben soll
- Spundwände: Schnell und vielseitig
- Bohrpfahlwände: Vielseitig und tragfähig
- Trägerbohlwände: für große tiefen und hohe Tragfährigkeit
- Berliner Verbau: Der Klassiker auf der Baustelle
- Essener Verbau: Für anspruchsvolle Böden
- Hamburger Verbau: Speziell für nasse Böden
- Vor- und Nachteile der Baugrubenwände im direkten Vergleich
Warum braucht es Baugrubenwände?
Wer unterirdisch bauen will, kommt an einer Baugrube nicht vorbei. Ob Tiefgarage, Fundament oder Kanal – bevor unterirdische Bauteile entstehen können, muss zuerst sicher in die Tiefe gegraben werden. Doch damit die Baugrube nicht einstürzt, braucht sie stabile Wände. In einigen Fällen genügt eine einfache Böschung. Diese lässt sich anlegen, wenn genug Platz zur Verfügung steht und der Boden sich dafür eignet.
Doch häufig – besonders in Städten – ist dieser Platz schlicht nicht vorhanden. Grundstücke werden intensiver genutzt, teurer und kleiner. Die Gebäude rücken näher aneinander, der Platz für flach abfallende Böschungen fehlt. Hier muss eine andere Lösung her: senkrechte Baugrubenwände.
Diese Baugrubenverbauten sichern das Erdreich ab, halten Wasser zurück und verhindern Schäden an umliegenden Gebäuden oder Straßen. Gleichzeitig sorgen sie für sichere Arbeitsbedingungen in der Baugrube. Sie übernehmen die Lasten, die durch Erddruck, Verkehr, Wasser und angrenzende Bebauung entstehen. Teilweise werden sie sogar später Bestandteil des Bauwerks – etwa als tragende Wand.
Wann kommt ein Verbau zum Einsatz?
Ein Verbau wird immer dann notwendig, wenn:
- die Baugrube tief ist,
- Grundwasser in das Baufeld eindringen kann,
- benachbarte Bauwerke geschützt werden müssen oder
- auf dem Grundstück wenig Platz ist.
Die Wahl des richtigen Systems hängt von vielen Faktoren ab: Bodenart, Grundwasserverhältnisse, verfügbare Fläche und geplante Bauweise. Auch wirtschaftliche Aspekte spielen eine Rolle. Nicht jeder Verbau eignet sich für jede Situation. Deshalb werden unterschiedliche Systeme entwickelt – jedes mit eigenen Stärken und Schwächen.
Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Arten von Baugrubenwänden vor und erklären, wann welche Variante die richtige Wahl ist.
Die Schlitzwand: Ideal für tiefe Baugruben in der Stadt
Schlitzwände kommen dort zum Einsatz, wo tief gebaut werden muss – etwa für mehrgeschossige Tiefgaragen oder U-Bahn-Stationen. Sie entstehen, indem ein schmaler, tiefer Graben ausgehoben wird. Damit die Wände während der Bauzeit nicht einstürzen, wird die Grube mit einer Stützflüssigkeit – meist Bentonit – stabilisiert. Anschließend wird Beton eingefüllt, häufig über ein sogenanntes Tremie-Rohr, das den Beton kontrolliert einbringt.

Zur Verstärkung können Bewehrungskörbe eingebaut werden. So entsteht eine stabile Wand, die große Lasten tragen kann – auch bei schwierigen Bodenverhältnissen und hohem Grundwasserstand. Schlitzwände gelten als besonders dicht und tragfähig, sind jedoch teuer in der Herstellung.
Dichtwände: Wenn das Wasser draußen bleiben soll
Dichtwände ähneln den Schlitzwänden, stehen jedoch weniger für Tragfähigkeit als für Abdichtung. Sie werden eingesetzt, wenn Wasser vom Baufeld ferngehalten werden muss – zum Beispiel in Flussnähe oder bei einem hohen Grundwasserspiegel. Das verwendete Material ist ein spezielles Ton-Bentonit-Gemisch, das nahezu undurchlässig für Wasser ist.

Diese Verbauart ist umweltfreundlich, da sie nur wenig in das umliegende Ökosystem eingreift. Ein Nachteil: Dichtwände sind nicht tragend. Oft werden sie mit anderen Verbauarten kombiniert.
Spundwände: Schnell und vielseitig
Spundwände bestehen aus profilierten Elementen, meist aus Stahl. Diese werden in den Boden gerammt oder vibriert und greifen seitlich ineinander – ähnlich wie Puzzleteile. So entsteht eine durchgehende Wand. Je nach Anforderung können Spundwände aus Holz oder Kunststoff bestehen, in der Praxis dominiert jedoch der Stahl.

Sie lassen sich schnell errichten und sind flexibel einsetzbar. Deshalb sieht man Spundwände häufig bei Hafenanlagen, Uferbefestigungen oder Baugruben mit hohem Wasserandrang. Nachteil: Das Einbringen kann laut sein und Erschütterungen verursachen. Außerdem sind Spundwände weniger geeignet für sehr tiefe Baugruben.
Bohrpfahlwände: Vielseitig und tragfähig
Bohrpfahlwände werden aus einzeln gebohrten und bewehrten Pfählen zusammengesetzt. Der Vorteil: Die Pfähle lassen sich präzise setzen, selbst bei schwierigen Bodenverhältnissen oder beengten Platzverhältnissen. Die Pfähle werden betoniert und anschließend ggf. mit einer Spritzbetonschale oder Fertigteilplatte ergänzt, um die Wand zwischen den Pfählen zu schließen.

Diese Bauweise ist ideal für große Tiefen und hohe Lasten. Sie kommt oft bei Bauprojekten in der Innenstadt oder an Hängen zum Einsatz. Allerdings ist die Herstellung aufwendiger und kostenintensiver.
Trägerbohlwände: für große tiefen und hohe Tragfährigkeit
Bei der Trägerbohlwand werden vertikale Stahlprofile, die als Träger dienen, in regelmäßigen Abständen in den Boden eingebracht. Zwischen diesen Trägern werden horizontale Elemente eingesetzt, die das anstehende Erdreich abstützen. Dabei handelt es sich typischerweise um dickwandige Stahlplatten oder bewehrte Betonfertigteile.

Diese sogenannte Ausfachung sorgt für eine deutlich erhöhte Tragfähigkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischen Beanspruchungen wie Erddruck oder Verkehrslasten aus der Umgebung. Aufgrund ihrer stabilen Bauweise eignet sich die Trägerbohlwand besonders für Situationen, in denen eine langfristige oder sogar dauerhafte Aussteifung der Baugrube erforderlich ist. Dies kann beispielsweise bei Gebäuden mit tiefen Gründungen, bei der Errichtung von mehrgeschossigen Untergeschossen oder bei langwierigen Bauvorhaben der Fall sein.
Berliner Verbau: Der Klassiker auf der Baustelle
Der Berliner Verbau ist eine einfache und bewährte Methode. Er ist eine Variante der Trägerbohlwand .Vertikale Stahlträger werden in regelmäßigen Abständen in den Boden eingebracht. Zwischen diese Träger werden Holzbohlen oder Stahlplatten geschoben, die den Erddruck abfangen.

Der Berliner Verbau eignet sich gut für kleinere Baugruben oder Baugruben mit geringer Tiefe. Besonders vorteilhaft ist die schnelle Montage. Allerdings ist die Tragfähigkeit begrenzt, ebenso die Abdichtung gegen Wasser. Für dauerhafte Baugruben ist diese Methode daher nur bedingt geeignet.
Essener Verbau: Für anspruchsvolle Böden
Der Essener Verbau ist eine spezielle Variante der Trägerbohlwand, bei der zwei parallel angeordnete U-Profile verwendet werden, die durch Laschen miteinander verbunden sind. Diese Konstruktion ermöglicht eine einfache Integration von Rückverankerungen zwischen den Profilen und macht zusätzliche horizontale Gurtungen überflüssig. Aufgrund seiner Stabilität eignet sich der Essener Verbau besonders für tiefe Baugruben in anspruchsvollen Bodenverhältnissen, wie sie beispielsweise bei Tunnelbauprojekten oder Bauvorhaben in innerstädtischen Bereichen mit komplexer Geologie vorkommen.

Die Methode setzt auf horizontale Verstrebungen zur Sicherung der Baugrube, wobei sowohl Stahlplatten als auch Betonelemente zum Einsatz kommen können. Typischerweise wird der Essener Verbau in instabilen Untergründen oder bei Projekten mit besonderen Anforderungen an die Bodenstabilität verwendet. Wie bei anderen Verbauarten gelten auch hier die DIN-Normen, insbesondere die DIN 4124, als maßgeblich.
Hamburger Verbau: Speziell für nasse Böden
Der Hamburger Verbau ist eine Variante der Trägerbohlwand und eignet sich besonders für Regionen mit hohem Grundwasserstand. Charakteristisch ist der Einsatz von vorgefertigten Wandelementen, die in den Boden gerammt, gepresst oder verkeilt werden. Zur zusätzlichen Stabilisierung kommen häufig Anker oder Verstrebungen zum Einsatz. Die Konstruktion dient nicht nur der Sicherung der Baugrube, sondern auch der effektiven Wasserzurückhaltung. Sie lässt sich vergleichsweise schnell errichten und ist daher besonders für temporäre Baugruben geeignet – allerdings sollte die Ausführung erfahrenen Bauunternehmen überlassen werden.

Eine Besonderheit des Hamburger Verbaus liegt in der Anordnung der Bohlen: Diese werden nicht wie bei klassischen Trägerbohlwänden zwischen den Trägern, sondern davor befestigt. Dabei kommen spezielle Verbindungselemente wie geschlitzte Hakenbleche oder Schipplie-Eisen zum Einsatz, um die Bohlen mit den Trägerflanschen zu verspannen. Diese Bauweise wird heute nur noch selten verwendet.
Vor- und Nachteile der Baugrubenwände im direkten Vergleich
Verbauart | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|
Schlitzwand | Hohe Tragfähigkeit, geeignet für tiefe Baugruben, dichte Wand | Hohe Kosten, technisch anspruchsvoll |
Dichtwand | Sehr gute Abdichtung gegen Grundwasser, umweltfreundlich | Nicht tragfähig, erhöhter Materialaufwand |
Spundwand | Schnell einsetzbar, flexibel, geeignet für wasserreiche Gebiete | Lärmbelastung beim Einbau, begrenzte Tiefe |
Bohrpfahlwand | Hohe Tragkraft, auch bei beengten Platzverhältnissen einsetzbar | Aufwendig, hohe Kosten, wasserdichte Ausführung nötig |
Berliner Verbau | Schnell errichtet, kostengünstig bei geringer Tiefe | Begrenzte Tragfähigkeit, geringe Abdichtung gegen Wasser |
Trägerbohlwand | Höhere Tragfähigkeit als Berliner Verbau, für größere Tiefen geeignet | Aufwendiger Einbau, höhere Kosten |
Essener Verbau | Stabil bei instabilem Boden, geeignet für komplexe Geologien | Komplexe Herstellung, kostenintensiv |
Hamburger Verbau | Effizient bei hohem Grundwasser, schnell montierbar | Spezielle Ausrüstung nötig, kostenintensiv |