Der Landkreis Cochem-Zell erarbeitet ein Klimaanpassungskonzept, um auf zunehmende Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hitze und Trockenheit zu reagieren. Technische Maßnahmen, naturbasierte Lösungen und eine breite Bürgerbeteiligung bilden die zentralen Säulen. Unterstützt wird der Prozess durch gesetzliche Vorgaben und Förderprogramme des Bundes.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Klimawandel mit spürbaren Folgen
- Zwischen Hochfläche, Tal und Fluss: Risiken erkennen
- Maßnahmen auf lokaler Ebene – von Hochwasserschutz bis Hitzevorsorge
- Beteiligung der Bevölkerung als Schlüssel
- Gesetzlicher Rahmen und Fördermöglichkeiten
Klimawandel mit spürbaren Folgen
Der Sommer 2021 hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Region eingegraben: Im Ahrtal fielen rund 200 Liter Regen pro Quadratmeter – in nur wenigen Stunden. Über 135 Menschen verloren ihr Leben. Die Infrastruktur wurde massiv beschädigt. Neue wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: Solche Starkregenereignisse treten heute 1,2- bis 9-mal wahrscheinlicher auf als früher. Der Klimawandel wirkt sich zunehmend lokal aus – auch im Landkreis Cochem-Zell.
Das hat die Kreisverwaltung erkannt und handelt. Seit Ende 2024 wird ein umfassendes Klimaanpassungskonzept erarbeitet. Unterstützt wird sie dabei vom Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE sowie von alpS aus Österreich. Ziel ist es, frühzeitig Maßnahmen zu entwickeln, die die Region besser gegen Extremwetter schützen.
„Wir spüren die Folgen des Klimawandels in der Region bereits deutlich“, sagt Landrätin Anke Beilstein. Die Durchschnittstemperatur ist um bis zu 1,8 °C gestiegen. Frosttage werden seltener, Hitzewellen häufiger. Im Jahr 2024 verzeichnete das Weinanbaugebiet Mosel die schlechteste Ernte seit Jahrzehnten.
Zwischen Hochfläche, Tal und Fluss: Risiken erkennen
Der Landkreis Cochem-Zell liegt landschaftlich vielfältig. Im Norden erstrecken sich die Höhen der Osteifel, im Süden die Hunsrückhochfläche. Dazwischen fließt die Mosel – ein prägendes Element und zugleich ein Risiko. Bei Starkregen steigt der Pegel schnell. Die engen Täler und die direkte Nähe vieler Orte zu Bächen und Hängen erhöhen das Überschwemmungspotenzial.
Tanja Sprenger, Klimaexpertin bei Drees & Sommer, hat mit ihrem Team zu Beginn des Projekts eine sogenannte Betroffenheitsanalyse erstellt. Dabei wurden klimatische Veränderungen, sensible Infrastrukturen und Auswirkungen auf das Leben der Menschen untersucht. Die Ergebnisse sind eindeutig: Temperaturanstiege, Starkregen, Trockenperioden und Waldbrandgefahr werden zunehmen.
Maßnahmen auf lokaler Ebene – von Hochwasserschutz bis Hitzevorsorge
Starkregen ist im Landkreis kein neues Phänomen – viele Anwohnerinnen und Anwohner kennen die übertretende Mosel. Neu ist jedoch die Häufung extremer Ereignisse. Schutzmauern, wie sie beispielsweise in Zell 2023 im Einsatz waren, stießen bei starkem Hochwasser an ihre Grenzen. Die technische Infrastruktur muss angepasst werden.
Daher entwickeln viele Ortsgemeinden derzeit eigene Starkregenkonzepte. Ein Ansatz ist der Ausbau von Rückhalteflächen, also Flächen, auf denen sich bei Starkregen kontrolliert Wasser sammeln kann, bevor es in bewohnte Gebiete vordringt. Auch der Zustand und die Kapazität bestehender Entwässerungssysteme werden überprüft und verbessert.
Doch Klimaanpassung umfasst mehr als nur Hochwasserschutz. Die Region muss sich ebenso auf längere Trockenperioden und mehr Hitzetage einstellen. Hier spielen sogenannte naturbasierte Maßnahmen eine wichtige Rolle. Pflanzen und Bäume helfen durch Verdunstungskälte, die Umgebung abzukühlen. Begrünte Dächer und Fassaden, klimaresiliente Baumarten oder offene Böden statt versiegelter Flächen sind daher Teil der Überlegungen. Diese Maßnahmen verbessern das Mikroklima, bieten Lebensräume und erhöhen die Aufenthaltsqualität in Siedlungsräumen.
Beteiligung der Bevölkerung als Schlüssel
Klimaanpassung ist keine Aufgabe, die allein von Behörden gelöst werden kann. Deshalb setzt das Projektteam auf den Dialog mit der Bevölkerung. „Uns ist es wichtig, die Menschen frühzeitig mitzunehmen – über Workshops, öffentliche Veranstaltungen und digitale Formate“, erklärt Tanja Sprenger. Nur wenn lokale Erfahrungen und Wissen einfließen, entstehen tragfähige Lösungen.
Auch auf Verwaltungsebene wird analysiert, welche Kapazitäten bereits vorhanden sind und wo noch Handlungsbedarf besteht. Klimaanpassungsmanager Dominik Zell koordiniert diesen Prozess: „Wir prüfen, welche Pläne es bereits gibt – und wo wir gezielt nachsteuern müssen.“
Gesetzlicher Rahmen und Fördermöglichkeiten
Seit Juli 2024 gilt das neue Klimaanpassungsgesetz (KAnG). Es verpflichtet die Bundesländer, Strategien zu erarbeiten – und fordert von Kommunen konkrete Klimaanpassungskonzepte. Das Bundesumweltministerium (BMUV) fördert diese Vorhaben gezielt. Ab dem 15. Mai 2025 öffnet ein neues Förderfenster, in dem Kommunen für drei Monate finanzielle Unterstützung für Klimaanpassungsmaßnahmen beantragen können.
Diese politische Unterstützung ist wichtig, denn Klimaanpassung kostet Geld. Allerdings zeigen Berechnungen, dass die langfristigen Schäden durch ungebremsten Klimawandel deutlich teurer wären als Investitionen in Vorsorge.