Fachwerkhäuser prägen bis heute viele Altstädte – doch wie entsteht so ein Gebäude? Wer den Aufbau verstehen will, muss sich mit den tragenden Hölzern, den Ausfachungen und dem Zusammenspiel verschiedener Baustoffe auseinandersetzen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie ein Fachwerkhaus konstruiert wird, worauf es bei Dämmung und Ausfachung ankommt und was Sie bei Sanierung und Denkmalschutz beachten müssen.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Das Fachwerk: Ein tragendes Skelett aus Holz
- Holzverbindungen: Mehr als nur Tradition
- Die Ausfachung: Zwischenräume mit Funktion
- Fachgerechter Anschluss: Holz trifft Mauerwerk
- Wärmedämmung: Diffusionsoffen muss sie sein
- Putz: Schützt das Gefache, aber darf nicht „versiegeln“
- Denkmal oder Neubau? Der rechtliche Rahmen
- Ein Fachwerkhaus selbst bauen?
- Fehler vermeiden: Was häufig schiefgeht
Das Fachwerk: Ein tragendes Skelett aus Holz
Ein Fachwerkhaus beruht auf einer skelettartigen Tragstruktur aus Holz. Dieses „Gerippe“ trägt das gesamte Gebäude. Es besteht aus senkrechten, waagrechten und schrägen Hölzern, die fest miteinander verbunden sind. Die Zwischenräume – sogenannte Gefache – werden mit unterschiedlichen Materialien ausgemauert oder verfüllt.
Senkrechte Hölzer: Die Stützen des Hauses
Die senkrechten Balken übernehmen die vertikale Lastaufnahme. Sie tragen das Gewicht der oberen Geschosse und des Dachs und leiten die Kräfte nach unten ab. Zu den senkrechten Bauteilen zählen:
- Eckpfosten und Mittelpfosten
- Ständer
- Stiele
Diese Bauteile stehen meist nur geschossweise übereinander, was den Aufbau beim Richtfest erleichtert. Nur in Einzelfällen führen Pfosten durch mehrere Etagen.
Waagrechte Hölzer: Verbindung und Lastverteilung
Waagrechte Hölzer verbinden die senkrechten Elemente und sorgen für die Ausrichtung. Sie übernehmen ebenfalls Teile der Lastverteilung. Dazu gehören:
- Schwellen (ober- und unterhalb der Wandfelder)
- Rähm (oberster Abschluss eines Wandabschnitts)
- Riegel (zur Einfassung von Fenster- und Türöffnungen)
- Pfetten (tragende Hölzer im Dachbereich)
Besonders bei Schwellen ist es wichtig, nur gerade Hölzer zu verwenden. Ein verzogener Balken lässt sich kaum nachträglich ausrichten.
Schräge Hölzer: Schutz gegen Windlasten
Schräg eingesetzte Hölzer versteifen das Fachwerk und sichern es gegen Seitenkräfte, etwa bei Sturm. Streben leiten diese Kräfte gezielt in das Fundament. Die Neigung sollte zwischen 70° und 75° liegen – größere Abweichungen können die Stabilität gefährden.

Holzverbindungen: Mehr als nur Tradition
Fachwerkhäuser kommen traditionell ohne Nägel oder Schrauben aus. Stattdessen nutzen Zimmerleute bewährte Holzverbindungen, wie:
- Zapfenverbindungen
- Überblattungen
- Schwalbenschwanzverbindungen
Diese Verbindungen sorgen für formschlüssige Übergänge und lassen sich bei Bedarf ohne größeren Materialverlust lösen oder austauschen.
Die Ausfachung: Zwischenräume mit Funktion
Die Gefache eines Fachwerkhauses sind weit mehr als nur optischer Schmuck. Sie übernehmen Dämmfunktionen, schützen vor Witterung und können auch das Raumklima positiv beeinflussen.
Beliebte Materialien für die Ausfachung:
- Ziegelsteine: besonders druckfest, in Norddeutschland verbreitet
- Lehm-Stakung: traditionell im Süden, sehr diffusionsoffen
- Natursteine: speichern gut Wärme, aber energetisch nicht ideal
- Leichtlehm- oder Porenbetonsteine: modernere Lösungen mit guter Wärmedämmung
Beim Einbau muss das Material möglichst an die Bewegungen des Holzes angepasst sein. Lehm eignet sich besonders gut, da er Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt. Das sorgt für ein angenehmes Wohnklima.
Fachgerechter Anschluss: Holz trifft Mauerwerk
Der Übergang zwischen Gefach und Holz ist sensibel. Oft wird eine Dreikantleiste mittig auf den Balken genagelt. Die Ausfachung wird dann daran angepasst und mit Mörtel fixiert. Wichtig ist: Keine dauerelastischen Dichtstoffe wie Silikon verwenden. Diese verhindern das „Atmen“ des Holzes und fördern Feuchteschäden.
Wärmedämmung: Diffusionsoffen muss sie sein
Ein modernes Fachwerkhaus muss heutige Anforderungen an Energieeffizienz erfüllen. Gleichzeitig darf die historische Bausubstanz nicht zerstört werden. Besonders kritisch: die Auswahl der Dämmstoffe.
Möglichkeiten für die Dämmung:
- Innen: Leichtlehmplatten, Holzweichfaser, Tektalam
- Außen: nur bei freier Fassadengestaltung, z. B. mit Holzweichfaserplatten
- Kombination mit Wandheizung: optimiert das Feuchtigkeitsverhalten
Vermeiden Sie unbedingt Materialien wie Styropor oder Mineralwolle. Sie verschieben den Taupunkt in das tragende Holz – ein schwerwiegender Fehler mit langfristigen Folgen.
Putz: Schützt das Gefache, aber darf nicht „versiegeln“
Außenputze müssen zwei Dinge leisten: sie sollen wasserabweisend, aber gleichzeitig dampfdurchlässig sein. Bewährt haben sich Kalkputze oder selbst hergestellte Mischungen aus Lehm und Trasskalk. Moderne Zementputze sind dagegen ungeeignet – sie schädigen das Holz.
Innen kommt meist Kalk- oder Lehmputz zum Einsatz. Auch hier gilt: Der Wandaufbau muss atmungsaktiv bleiben.
Denkmal oder Neubau? Der rechtliche Rahmen
Viele Fachwerkhäuser stehen unter Denkmalschutz. Dann gelten besondere Regeln. Vor Veränderungen an der Fassade, neuen Fenstern oder einem neuen Farbanstrich ist die Zustimmung der unteren Denkmalschutzbehörde erforderlich.
Vorteile für Eigentümer:
- Fachliche Beratung
- Zuschüsse aus Landes- und Bundesprogrammen
- Steuerliche Abschreibung von Sanierungskosten
Wichtig: Sämtliche Maßnahmen müssen vor der Ausführung genehmigt sein – nur dann gelten Steuervergünstigungen.
Ein Fachwerkhaus selbst bauen?
Der Bau eines neuen Fachwerkhauses ist heute möglich, aber selten. Meist werden historische Häuser saniert oder teilmodernisiert. Wer neu baut, muss mit Kosten von 1.800 bis 2.000 €/m² rechnen. Bei Eigenleistung kann es günstiger werden.
Für tragende Hölzer empfiehlt sich Eiche. Sie ist widerstandsfähig, langlebig und gut zu bearbeiten. Nadelholz kann verwendet werden, sollte aber sehr langsam gewachsen sein.
Fehler vermeiden: Was häufig schiefgeht
Einige typische Probleme bei Bau oder Sanierung:
- Einsatz falscher Materialien (z. B. Zement in der Ausfachung)
- Kürzung tragender Bauteile ohne statische Prüfung
- Einbau moderner Fenster ohne ausreichende Entkopplung
- Dampfbremsen ohne Taupunktberechnung
- Farben oder Putze, die nicht zum Original passen
Die Folge sind Bauschäden, Feuchtigkeit oder Verlust des historischen Charakters. Wer unsicher ist, sollte unbedingt eine Fachperson hinzuziehen – idealerweise mit Erfahrung in der Denkmalpflege.