Das sind die längsten Aquädukte der Welt

Von Dominik Hochwarth

Aquädukte versorgten hauptsächlich in der Antike bis ins Mittelalter Städte mit frischem Wasser. Insbesondere die Römer waren echte Meister im Erstellen solcher Wasserleitungen, die teilweise als Freileitungen, an anderer Stelle durch Tunnel und manchmal auch über Brücken liefen. Insbesondere die Brücken sind mancherorts noch erstaunlich gut erhalten und werden oft als das eigentliche Aquädukt angesehen. Prinzipiell sind damit aber die kompletten Wasserleitungen von der Quelle bis in die Stadt gemeint. Diese Strecken waren oft viele Kilometer lang, die längsten Aquädukte der Welt lernen Sie in diesem Beitrag kennen.

Pont du Gard
Gehört nicht zu den längsten Aquädukten der Welt, ist aber am höchsten: Pont du Gard

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Valens-Aquädukt – längste Wasserleitung der Antike versorgte Konstantinopel

Im Jahr 324 n. Chr. machte Kaiser Konstantin der Große Konstantinopel zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches. Obwohl die Stadt an einer geopolitisch wichtigen Kreuzung von Land- und Seewegen lag, gab es ein Problem mit der Süßwasserversorgung. Um dieses Problem zu lösen, wurde ein neues Aquädukt errichtet, das Konstantinopel von Quellen versorgte, die 60 Kilometer westlich der Stadt lagen. Mit dem Wachstum der Stadt wurde dieses System im 5. Jahrhundert um Quellen erweitert, die sogar 120 Kilometer in einer geraden Linie von der Stadt entfernt waren. Dadurch erreichte das Aquädukt eine Gesamtlänge von mindestens 426 Kilometern und war damit das längste Aquädukt der Antike.

Das Aquädukt bestand aus begehbaren gewölbten Mauerwerkskanälen aus Stein und Beton, 90 großen Brücken und zahlreichen Tunneln mit einer Länge von bis zu 5 Kilometern. Über 1500 Jahre lang versorgte das Valens-Aquädukt die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches mit Wasser und leitete es vom Belgrader Wald bis zur Brunnenanlage am Beyazıt-Platz.

Heute erstreckt sich der Valensgürtel auf der historischen Halbinsel zwischen den beiden Hügeln Eminönü und Fatih bis zum Atatürk Boulevard, mit einer Länge von knapp 800 Metern. Die nicht mehr vorhandenen Teile des Aquädukts werden auf etwa 200 Meter geschätzt, da sie durch zahlreiche Angriffe und Erdbeben zerstört wurden. Im 17. Jahrhundert wurde das historische Bauwerk von den Osmanen restauriert. Es besteht aus zwei Etagen mit übereinander angeordneten gemauerten Bögen, die eine Höhe von bis zu 28 Metern erreichen.

Valens-Aquädukt in Istanbul
Noch gut erhalten: Valens-Aquädukt in Istanbul

Aqua Marcia – längstes Aquädukt der Stadt Rom

Die Aqua Marcia ist eine der wichtigsten antiken Wasserleitungen und auch heute noch eine der Hauptwasserquellen Roms. Sie wurde zwischen 144 und 140 v. Chr. vom Prätor Quintus Marcius Rex erbaut und erhielt ihren Namen Aqua Marcia nach ihrem Erbauer. Im 1. Jahrhundert v. Chr. wurden sogar Münzen mit Abbildungen von Bögen des Aquädukts geprägt. Die ursprüngliche Quelle befand sich etwa 91 Kilometer entfernt von Rom im Anienetal, unterhalb des Dorfes Marano Equo.

Um die antike Metropole mit Wasser zu versorgen, wurden weitere Aquädukte in den Hügeln östlich der Stadt gebaut, darunter der Anio Vetus, der Anio Novus und die Aqua Claudia. Die moderne Wasserleitung nutzt im Wesentlichen dieselbe Quelle wie die Aqua Marcia. Die Aqua Marcia war die längste von insgesamt elf Wasserleitungen, die Rom mit Wasser versorgten. Laut Sextus Iulius Frontinus, der um 97 n. Chr. die Aquädukte der Stadt vermessen ließ, lieferte sie täglich 187.600 Kubikmeter Wasser und war nach dem Anio Novus die zweitgrößte Wasserquelle Roms. Sie war für ihr kaltes und reines Wasser weit bekannt. Die Wasserleitung folgte der Via Latina nach Rom und wurde sowohl auf Bögen, die auch die Aqua Tepula trugen, als auch unterirdisch geführt.

An der Porta Maggiore kreuzte sie die Aqua Claudia, deren Aquädukt auch den Anio Novus trug. Die Aqua Marcia verlief entlang der Via Tiburtina und erreichte Rom aus östlicher Richtung am Fuß des Viminals. Der Bogen, auf dem sie zusammen mit der Aqua Tepula und der Aqua Iulia die Via Tiburtina überquerte, wurde im 3. Jahrhundert n. Chr. zur Porta Tiburtina der Aurelianischen Mauer ausgebaut.

Eifelwasserleitung – längstes römisches Aquädukt nördlich der Alpen

Die römische Eifelwasserleitung, die von Nettersheim nach Köln führte, war eine der längsten Fernwasserleitungen im Römischen Reich mit einer Streckenlänge von über 100 km. Sie gilt auch heute noch als das größte römische Bauwerk nördlich der Alpen. Ihr Zweck war es, die Colonia Claudia Ara Agrippinensium, die Hauptstadt der Provinz Germania inferior, mit Trinkwasser zu versorgen – und das mit beeindruckenden 20 Millionen Litern täglich!

Die Wasserleitung überwand auf ihrem Weg von der Eifel nach Köln Berge, Wälder, Flusstäler und die Wasserscheide zwischen Rhein und Maas. Als reine Gefälleleitung transportierte sie das hochwertige Wasser der Eifel durch unterirdische Leitungen und talüberspannende Aquäduktbrücken bis hinunter in die Kölner Bucht.

In Köln versorgte das Wasser öffentliche Brunnen, die nie weiter als 50 Meter voneinander entfernt waren, öffentliche Latrinen, öffentliche Gebäude, Thermen und diejenigen Privathaushalte, die sich einen eigenen Wasseranschluss leisten konnten. Diese Haushalte waren sogar mit bronzenen Wasserhähnen ausgestattet, die ihnen jederzeit fließendes Wasser ermöglichten. Die Brunnen der Stadt förderten kontinuierlich Wasser, sodass sie gleichzeitig die Straßen reinigten, wenn das Wasser überlief. Abwässer von Straßen, Latrinen und Häusern wurden mit Brauchwasser in das unterirdische Kanalsystem gespült und von dort in den Rhein geleitet.

Die Wasserleitung begann bei Nettersheim im Urfttal auf einer Höhe von 420 Metern über dem Meeresspiegel am sogenannten „Grünen Pütz“. Von dort aus verlief sie weiter entlang des Flusses Kall, wo sich die Wasserscheide zwischen Maas und Rhein befindet. Anschließend folgte die Leitung dem Nordhang der Eifel bis zum Fluss Erft bei Euskirchen und von dort aus durch das Swisttal bis nach Rheinbach und Meckenheim. Im weiteren Verlauf passierte sie den Kottenforst nordwestlich von Bonn und das Vorgebirge vor Köln. Die letzte Etappe führte sie durch die Regionen Brühl und Hürth nach Köln, wo die Leitung auf einer Höhe von 10 Metern auf die Stadtmauer traf und von dort in ein komplexes Verteilsystem geleitet wurde.

Aquädukt von Kathargo
Reste des Aquädukts von Karthago

Aquädukt von Zaghouan – längste Wasserleitung von Nordafrika

Das Aquädukt von Zaghouan, auch bekannt als Aquädukt von Karthago, war eine beeindruckende Wasserleitung, die die nordafrikanische Stadt Karthago mit Wasser versorgte. Es zählte mit einer Gesamtlänge von 132 Kilometer zu den längsten Aquädukten des Römischen Reiches. Das Aquädukt wurde von den Quellen am Djebel Zaghouan südlich der Kleinstadt Zaghouan gespeist. Auf der Strecke von Zaghouan bis Karthago überwand es in etwas mehr als 90 Kilometern nur eine Höhendifferenz von 264 Metern, was ein durchschnittliches Gefälle von 0,3 Prozent ergibt.

Der genaue Baubeginn des Aquädukts ist nicht eindeutig datiert. Ein Indiz ist der Besuch des Kaisers Hadrian im Jahr 128, der das Ende einer fünfjährigen Trockenzeit markierte. Der damit einhergehende Wassermangel führte vermutlich dazu, dass die Bevölkerung nicht mehr nur vom Regen abhängig sein wollte. Ein weiteres Ereignis, das auf den Bau des Aquädukts hinweist, ist die Einweihung der Antoninus-Pius-Thermen im Jahr 162 in Karthago. Diese beeindruckende Badeanlage, vergleichbar mit den Kaiserthermen in Rom, erforderte eine kontinuierliche Wasserversorgung, die nicht mehr allein durch Regenwasser gedeckt werden konnte.

Das Aquädukt wurde von mehreren Quellen gespeist, die zu unterschiedlichen Zeiten angeschlossen wurden. Die Hauptquelle befand sich in der Nähe der Ortschaft Zaghouan am Nordhang des Djebel Zaghouan, einem Gebirge etwa 60 Kilometer südlich von Karthago. Über dieser Quelle wurde in der römischen Zeit ein Quellheiligtum (Nymphäum) errichtet, das zu einem der bedeutendsten im antiken Nordafrika wurde. In späterer Zeit wurde eine zweite Quelle in der Region von Jouggar an das Aquädukt angeschlossen. Auch über dieser Quelle befand sich ein Quellheiligtum, das jedoch niemals die Bedeutung des Nymphäums von Zaghouan erreichte.

Pont du Gard – höchstes Aquädukt der Welt

Der Pont du Gard ist das höchste Aquädukt der Welt und wurde im Jahr 1985 aufgrund seiner herausragenden Baukunst zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Diese Brücke aus der römischen Zeit befindet sich zwischen Avignon und Uzès in Südfrankreich, in der Nähe des Ortes Bégude de Vers-Pont-du-Gard entlang der Landstraße D981. Das Aquädukt ist außergewöhnlich gut erhalten und gilt als einzigartiges Meisterwerk römischer Ingenieure. Die Gesamtlänge des Aquädukts von der Quelle bis zur heutigen Stadt Nîmes beträgt „nur“ 50 Kilometer.

Pont du Gard
Die Pont du Gard zählt sicherlich zu den spektakulärsten römischen Bauwerken der Antike

Highlight des Aquädukts ist die imposante Pont du Gard, die sich über den Fluss Gardon spannt. Das Bauwerk besteht aus 52 Halbbögen auf drei Ebenen. Die untere Ebene der Wasserleitung hat sechs Bögen, die mittlere Ebene elf Bögen und die oberste Ebene der Leitung verfügt über 35 Bögen. Der weiteste Bogen des Aquädukts hat eine Länge von fast 25 Metern. Insgesamt ist die Brücke 275 Meter lang und 49 Meter hoch. Kein vergleichbares Bauwerk der Römer ist höher.

Die Wasserleitung verläuft entlang der oberen Ebene. Das Gewicht der römischen Konstruktion beträgt etwa 50.000 Tonnen, was einer Menge von 21.000 Kubikmetern Stein entspricht. Die Römer bezogen den Stein aus einem nahegelegenen Steinbruch. Obwohl diese Steinbrüche heute nicht mehr aktiv sind, gibt es noch zahlreiche Steinbrüche im Norden, aus denen der typische Kalkstein für den Bau des Pont du Gard gewonnen wurde. Entlang der 50 Kilometer langen Wasserleitung flossen zu römischen Zeiten täglich etwa 20.000 Kubikmeter Wasser, was dazu beitrug, dass sich die Bewohner von Nîmes (Nemausus) nach dem Bau über Springbrunnen, fließendes Wasser und saubere Straßen freuen konnten.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die alten Römer Aquädukte bauten.

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