Erdwärme für alle: Wie Schrägbohrtechnik den Weg ebnet

Von Dominik Hochwarth

Wärmeklau unter Nachbars Haus? Das Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) hat eine Schrägbohrtechnik entwickelt, die es ermöglicht, Erdwärme auch in dicht bebauten Gebieten zu nutzen. Die Technik benötigt nur minimalen Platz an der Oberfläche und erschließt ein großes Erdreichvolumen unter der Erde. Selbst der knappe Raum zwischen bestehenden Gebäuden reicht aus, um die benötigte Erdwärme zu gewinnen. Nach Abschluss der Bohrarbeiten und der Anbindung an das Gebäude bleibt von der geothermischen Anlage kaum etwas sichtbar.

Geothermie im Bestand
Durch die Schrägbohrtechnik erreichen die Erdwärmesonden auf Wärmereservoire unterhalb von bestehenden Gebäuden. Foto: Fraunhofer IEG

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Einblick in die Technik

Um die komplexe Technologie verständlich zu machen, wurde ein begehbares Verteilerbauwerk geschaffen. Dieses Bauwerk ist harmonisch in die Umgebung integriert und dient als Treffpunkt. Eine Glaskuppel mit umliegender Bank und Tischen lädt zum Verweilen ein, während Besucher die geothermische Anlage des GeoStar 2.0 betrachten können. Jonas Güldenhaupt, Bohrmeister des Fraunhofer IEG, betont: „Das Ziel des Verteilerbauwerks ist es, Geothermie zu erklären und nahbar zu machen.“

Der unterirdische Raum ist vollständig begehbar und zeigt die Anbindung aller Erdwärmesonden an den Verteilerbalken sowie die Technik zur Regelung und Überwachung der Anlage. Planer und Techniker können auf Anfrage an Führungen teilnehmen. Zusätzlich soll bald eine Augmented Reality App zur Verfügung stehen, die weitere Einblicke in die Anlage bietet.

Erfolgreiche Umsetzung und zukünftige Perspektiven

Der GeoStar 2.0 versorgt das Hörsaalgebäude der Hochschule Bochum seit 2018 mit Erdwärme im Winter und Erdkälte im Sommer. Es ist bereits die zweite erfolgreiche Umsetzung dieser Technologie in Deutschland. Die erste Version beheizt und kühlt seit mehreren Jahren den Bochumer Campus des Fraunhofer IEG. Dort wurden 20 Schrägbohrungen mit jeweils 200 Metern Länge durchgeführt und die Gesamtanlage mit einem umfangreichen Monitoring-System ausgestattet. Diese Forschungsinfrastruktur liefert nicht nur Heiz- und Kühlleistung, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für die Kommerzialisierung des Konzepts in Bestandsbauten.

Gregor Bussmann, Ansprechpartner für die GeoStar-Technologie, erklärt: „Das erfolgreiche GeoStar-Konzept zeigt, wie auch der Bestandsbau seinen Untergrund zum klimaneutralen Heizen und Kühlen nutzen kann. Schlanker Bohrbetrieb, kombinierte Kühl- und Heiztechnik und smarte Betriebsführung sind die Erfolgsfaktoren für die Wärmewende in gewachsenen innerstädtischen Wohn- und Gewerbegebieten.“

Vor- und Nachteile der Erdwärmenutzung

Erdwärme ist eine nachhaltige und umweltfreundliche Energiequelle. Sie bietet konstante Temperaturen und ist unabhängig von Wetterbedingungen. Die Nutzung von Geothermie reduziert den CO₂-Ausstoß und senkt langfristig die Energiekosten. Ein großer Vorteil ist die Langlebigkeit der Anlagen, die über Jahrzehnte hinweg zuverlässig arbeiten.

Allerdings sind die initialen Investitionskosten hoch und die Installation erfordert spezialisierte Technik und Fachwissen. Zudem können geologische Gegebenheiten die Effizienz der Anlage beeinflussen. Trotz dieser Herausforderungen bietet die Geothermie ein großes Potenzial für eine klimafreundliche Energiezukunft.

Über den Autor

Schreibe einen Kommentar