Schwerstes Gebäude der Welt – ein Mahnmal des Größenwahns

Von Dominik Hochwarth

Im Herzen von Bukarest thront ein Bauwerk, das an schiere Größe kaum zu überbieten ist: der Parlamentspalast, auch bekannt als „Casa Poporului“ – das Haus des Volkes. Mit einer bebaubaren Fläche von 65.000 m² und einer Gesamtgeschossfläche von 365.000 m² ist es laut Guinness-Buch der Rekorde das schwerste Gebäude der Welt. Doch hinter der massiven Fassade verbirgt sich eine düstere Geschichte, die bis heute nachhallt.

Parlamentspalast Bukarest
Wie eine überdimensionales Hochzeitstorte prägt der Parlamentspalast das Stadtbild von Bukarest

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Eine Idee des Größenwahns

In den späten 1970er-Jahren fasste Nicolae Ceaușescu den Entschluss, ein monumentales Bauwerk zu errichten, das seine Macht und seinen Einfluss in Stein meißeln sollte. Die Pläne für den Palast umfassten nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch eine komplette Umgestaltung der Bukarester Innenstadt.

Ganze Viertel wurden abgerissen, um Platz für den Palast und die breiten Prachtstraßen zu schaffen, die von ihm ausstrahlen. Rund 40.000 Wohnungen, ein Dutzend Kirchen und mehrere Synagogen wurden zerstört. Schätzungsweise 30.000 Menschen wurden zwangsweise umgesiedelt.

700 Architekten, 20.000 Arbeiter

Die Bauarbeiten begannen offiziell 1984, obwohl bereits ein Jahr zuvor erste Vorbereitungen getroffen wurden. Die junge Architektin Anca Petrescu, damals erst 26 Jahre alt, leitete das Projekt. Unterstützt wurde sie von einem Team aus bis zu 700 Architekten und rund 20.000 Arbeitern.

Der Bau erfolgte im Dreischichtbetrieb, oft unter menschenunwürdigen Bedingungen. Die Kosten für das Bauwerk beliefen sich auf etwa 3,3 Milliarden Euro – eine Summe, die etwa 40 % des jährlichen Bruttosozialprodukts des Landes entsprach. Während der Palast wuchs, verfiel die rumänische Wirtschaft immer mehr, und die Bevölkerung litt unter extremer Armut.

Technische Details des Parlamentspalasts

Die technischen Dimensionen des Parlamentspalasts sprengen alle Vorstellungen:

Technische DetailsZahlen und Fakten
Bebaute Fläche65.000 m²
Geschossfläche365.000 m²
Höhe über Grund86 m
Unterirdische Höhe92 m
Materialien1.000.000 m³ Marmor, 900.000 m³ Holz, 700.000 t Stahl
Zahl der Räume5.100
Kronleuchter480 aus 3.500 t Kristallglas
Teppichfläche52.000 m²
Elektrische Leitungen2.000 km
Aufzüge31

Die verwendeten Baumaterialien stammen fast ausschließlich aus Rumänien, um Ceaușescus Wunsch nach nationaler Unabhängigkeit zu erfüllen. Besonders beeindruckend ist die enorme Menge an Marmor aus der Region Siebenbürgen sowie die prachtvollen Kristallkronleuchter, die aus 3.500 Tonnen Glas gefertigt wurden.

Parlamentspalast Bukarest innen
Während das Volk hungerte, wurde beim Bau des Parlamentspalasts in Bukarest geprotzt

Symbol eines untergehenden Regimes

Während der Palast langsam Gestalt annahm, wuchs die Unzufriedenheit im Land. Die Kosten für den Bau verschärften die ohnehin prekäre wirtschaftliche Lage Rumäniens, und die Bevölkerung litt unter Versorgungsengpässen. Als der Palast im Winter 1989 fast fertiggestellt war, brach ein Volksaufstand aus, der Ceaușescus Herrschaft beendete.

Der Diktator und seine Frau Elena wurden gefangen genommen und am 25. Dezember 1989 hingerichtet. Der Palast, einst als Machtsymbol gedacht, wurde zum Sinnbild für die Hybris und den Untergang einer Diktatur.

Die heutige Nutzung

Nach der Revolution von 1989 und der Hinrichtung Nicolae Ceaușescus stand die Zukunft des Protzbaus zur Debatte. Im April 1991 entschied man, das Gebäude nicht abzureißen, sondern es unter dem neuen Namen „Palast des Parlaments“ weiterzunutzen.

Nach umfangreichen Umbauten wurde der Palast 1997 Sitz der rumänischen Abgeordnetenkammer, während der Senat im Jahr 2005 einzog. Heute beherbergt der Palast zudem ein internationales Konferenzzentrum, das beispielsweise 2008 die Parlamentarische Versammlung der NATO ausrichtete. In den oberen Etagen sind internationale Zoll- und Polizeiorganisationen untergebracht, und auf der Rückseite befindet sich das Nationalmuseum für Moderne Kunst.

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