Wie funktioniert eigentlich eine Windkraftanlage?

Von Dominik Hochwarth

Windenergie gehört neben der Sonnenenergie zu den Energieformen, die unbegrenzt zur Verfügung stehen und zudem umweltfreundlich sind. Doch wie wird aus Windenergie eigentlich Strom? In diesem Ratgeber erfahren Sie alles, was Sie über Windkraftanlagen, ihren Aufbau und ihre Funktionsweise wissen müssen.

Windräder
Vorne kommt Wind rein, hinten Strom raus: Wie funktioniert eine Windkraftanlage?

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Ein Rückblick auf die Geschichte der Windkraft

Windenergie gehört zu den ältesten Formen der Energiegewinnung, wie ein Blick auf die historische Entwicklung der Windenergie zeigt. Bereits vor zwei Jahrtausenden drehten sich die ersten Windmühlen. Die Perser nutzten die Windkraft zum Mahlen von Getreide, die Chinesen zum Pumpten von Wasser. In Europa wurden Windmühlen erstmals im 12. Schon damals wiesen sie strukturelle Ähnlichkeiten mit modernen Windkraftanlagen auf, auch wenn sie noch keine elektrische Energie erzeugten.

Ein Pionier der Nutzung der Windkraft zur Stromerzeugung war der schottische Erfinder James Blyth. Im Juli 1887 gelang es Blyth erstmals, mit einem kleinen Windrad Bleiakkumulatoren mit Strom zu versorgen und damit abends Glühbirnen in seinem Haus zum Leuchten zu bringen. In der Folge beschäftigten sich auch dänische Wissenschaftler intensiv mit dem Thema und entwickelten das heute übliche Design von Windkraftanlagen mit drei Rotorblättern und einem schlanken Turm. Ein Meilenstein war die Errichtung des ersten Offshore-Windparks vor der dänischen Insel Lolland im Jahr 1991. Bis heute speisen die elf Windturbinen des Parks zuverlässig Strom ins Netz ein.

Entwicklung moderner Windkraftanlagen

Nach den ersten Schritten zur Nutzung der Windenergie wurde vor rund 100 Jahren der Weg zu modernen Windkraftanlagen beschritten. Der deutsche Physiker Albert Betz prägte 1919 das bis heute maßgebliche „Betz’sche Gesetz“, das besagt, dass maximal 59,3 Prozent der kinetischen Energie des Windes von einer Windkraftanlage genutzt werden können. Der amerikanische Ingenieur Smith Putnam baute 1941 die erste Windenergieanlage mit einer Nennleistung von mehr als einem Megawatt (MW).

In Deutschland beschloss das Bundesforschungsministerium 1978 den Bau einer großen Versuchsanlage: Die „Große Windenergieanlage“, kurz „Growian“, stand von 1983 bis 1987 im Kaiser-Wilhelm-Koog an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste. Mit einem Rotordurchmesser von 100,4 Metern und einer Nennleistung von drei Megawatt war sie damals die größte gebaute Anlage der Welt. Leider drehte sie sich aufgrund technischer Schwierigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum. Dennoch markierte sie den Beginn einer neuen Ära. Heute sind weltweit Hunderttausende von Windenergieanlagen in Betrieb.

Der weltweite Durchbruch der Windenergie begann Ende der 1980er Jahre in Kalifornien, USA. Günstige steuerliche Anreize, Energiepreisprobleme und ein wachsendes Umweltbewusstsein beschleunigten den Ausbau dieser Technologie in der Region. Ab Anfang der 1990er Jahre begannen sich auch in Europa immer mehr Windräder zu drehen. Auch hier spielten politische Rahmenbedingungen eine wichtige Rolle für den verstärkten Ausbau der Anlagen. In Deutschland wurde 1991 zunächst das Stromeinspeisungsgesetz (StromEinspG) eingeführt, gefolgt von der Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab dem Jahr 2000. Heute werden bereits Windparks ohne Förderung geplant und realisiert.

Funktionsweise einer Windenergieanlage

Der Wind als unerschöpfliche Energiequelle bildet die Grundlage für die Nutzung von Windenergieanlagen. Herzstück dieser Anlagen ist der Rotor, der aus glas- oder kohlefaserverstärkten Rotorblättern besteht. Der Rotor wandelt die kinetische Energie des Windes in mechanische Rotation um.

Ähnlich wie die Tragflächen eines Flugzeugs erzeugen die aerodynamisch geformten Rotorblätter durch den Wind Auftrieb, der den Rotor in Bewegung setzt. Die Gondel auf dem Turm verbindet den Rotor mit einem Generator. Hier wird die mechanische Rotationsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Das Prinzip ähnelt dem eines Fahrraddynamos.

Windleistungsdichte entscheidet über Wirtschaftlichkeit

Sobald der Wind eine Geschwindigkeit von mindestens 3 bis 4,5 Metern pro Sekunde (m/s) erreicht, wird die Anlage in Betrieb genommen. Durch die bewegliche Gondel sind die Rotoren immer dem Wind ausgesetzt. Die Drehzahl bleibt auch bei wechselnden Windgeschwindigkeiten konstant, da die Rotorblätter entlang ihrer Längsachse verstellt werden können. Bereits ab einer Drehzahl von 3 Umdrehungen pro Minute arbeitet eine Windkraftanlage effizient. Die effektive Stromausbeute hängt vor allem von höheren mittleren Windgeschwindigkeiten und einer größeren Rotorfläche ab.

Mit zunehmender Höhe über dem Boden wird der Wind stärker und gleichmäßiger. Daher steigt die Windausbeute bei höheren Anlagen mit längeren Rotorblättern. Da die Windgeschwindigkeiten im Binnenland geringer sind als an der Küste, sind für Onshore-Anlagen häufig größere Turmhöhen erforderlich. Der Bau von Onshore-Windenergieanlagen ist dort wirtschaftlich sinnvoll, wo die so genannte Windleistungsdichte ausreicht. Die Windleistungsdichte ist ein Maß für die durchschnittliche Leistung des Windes durch den Rotor an einem Standort und entscheidend für die Eignung von Windenergieanlagen.

Aufbau einer Windkraftanlage
Aufbau einer Windkraftanlage

Aufbau von Windkraftanlagen

Seit den 1980er Jahren hat sich weltweit eine einheitliche Bauweise für moderne Windenergieanlagen etabliert. Der Aufbau einer Windenergieanlage folgt daher im Wesentlichen einem standardisierten Schema:

Fundament

Das Fundament bildet die Basis der Anlage und besteht aus einer Kombination von Stahl und Beton, um eine stabile Verankerung im Boden zu gewährleisten. Wie große das Fundament dimensioniert ist, hängt unter anderem von der Höhe des Windrads und von der Bodenbeschaffenheit ab. Sie können aber davon ausgehen, dass es einen Durchmesser von mindestens 20 Metern hat und mindestens 4 Meter in die Tiefe reicht. Bei Tiefgründungen stoßen die Betonpfähle jedoch noch wesentlich tiefer ins Erdreich, 15 Meter sind da keine Seltenheit.

Der Turm

Der Turm, der aus Stahl, Beton oder einer Kombination aus beiden Materialien bestehen kann, gibt der Anlage die erforderliche Höhe. Diese liegt in der Regel zwischen 40 und 160 Metern. Einige der höchsten Windkraftanlagen der Welt haben bereits die 200-Meter-Marke überschritten und könnten sie bald erreichen. Der Turm selbst kann dann nahezu diese Höhe erreichen.

Das Maschinenhaus

Das Maschinenhaus, auch Gondel genannt, ist das Herzstück einer Windenergieanlage. Es richtet sich mit Hilfe der Rotoren nach dem Wind aus und beherbergt alle Komponenten, die für die Stromerzeugung verantwortlich sind, allen voran den Windgenerator.

Der Generator

Ein Windgenerator ist direkt an das Stromnetz angeschlossen. Bei getriebelosen Anlagen entfällt das Getriebe, das die Drehzahl übersetzt. Allerdings ist der Generator in diesen Fällen größer und schwerer.

Der Rotor

Die verstellbaren Rotorblätter sind hochfeste High-Tech-Produkte, die mit dem Rotor verbunden sind. Sie können eine Länge von über 100 Metern und einen Durchmesser von über 220 Metern haben. Der Rotor selbst hat einen Durchmesser von bis zu 130 Metern und besteht aus glasfaserverstärktem Kunststoff.

Wie wird aus Windkraft Strom?

Um den Prozess der Stromerzeugung in einer Windkraftanlage zu verstehen, ist ein Blick ins Innere des Maschinenhauses hilfreich. Hier sorgen Getriebe, Generator und schließlich der Transformator für die Erzeugung und Nutzung des erzeugten Stroms.

Auf dem Dach der Gondel sind Messinstrumente angebracht, die kontinuierlich Windrichtung und -stärke erfassen. Diese Daten ermöglichen es, die Gondel im optimalen Winkel zum Wind zu positionieren und die Rotorblätter entsprechend auszurichten, um die Bewegung zu initiieren. Dieser Mechanismus basiert auf dem Auftriebsprinzip, das mit dem Funktionsprinzip von Flugzeugen vergleichbar ist. Durch den Aufwind entsteht ein Drehmoment, das den Rotor in Drehung versetzt.

Wie bei jeder Form der Energieerzeugung kann auch die Umwandlung der kinetischen Energie des Windes in elektrischen Strom nicht hundertprozentig effizient erfolgen. Der Wirkungsgrad einer Windkraftanlage liegt derzeit bei etwa 45 bis 50 Prozent. Das bedeutet, dass eine Windenergieanlage nur etwa die Hälfte der auftreffenden Windenergie in elektrische Energie umwandeln kann.

So läuft die Erzeugung von Strom ab:

  • Zunächst überträgt der Wind seine kinetische Energie, also seine Bewegungsenergie, auf die Rotorblätter der Windenergieanlage. Diese setzen sich in Bewegung und erzeugen mechanische Energie.
  • Bei Windenergieanlagen mit Getriebe wird die anfänglich niedrige Rotordrehzahl von wenigen Umdrehungen pro Minute durch das Getriebe in eine für den Generator günstigere Drehzahl von bis zu 1.500 Umdrehungen pro Minute umgewandelt.
  • Bei Anlagen ohne Getriebe wird die mechanische Energie direkt über die Nabe auf den Generator übertragen. In diesem Fall ist der Generator größer und schwerer, um die Energie effizient umsetzen zu können.
  • Der Generator nutzt die Drehbewegung, um eine elektromagnetische Induktion zu erzeugen, die wiederum eine elektrische Spannung im Bereich von 400 bis 1.000 Volt erzeugt. Dies markiert den Übergang von mechanischer zu elektrischer Energie.
  • Ein Transformator, entweder am Fuß der Anlage oder in der Gondel, erhöht die erzeugte Spannung auf einen Bereich von 10 bis 30 Kilovolt. Dies ermöglicht den Transport des erzeugten Stroms über Hochspannungsleitungen oder Erdkabel in das örtliche Stromnetz und schließlich zu den Verbraucherhaushalten.
So wird aus Windkraft Strom
So wird aus Windkraft Strom

Wieviel Strom produziert ein Windrad?

Eine moderne Windkraftanlage kann unter günstigen Bedingungen, z.B. auf einem Hügel oder an der Küste, durchschnittlich rund 15 Millionen kWh Strom pro Jahr erzeugen. Diese Menge reicht aus, um rund 4.000 Haushalte ein Jahr lang mit umweltfreundlichem Strom zu versorgen.

Die erzeugte Leistung einer Windkraftanlage wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wobei der Standort und die Größe der Anlage die wichtigsten sind. Windgutachten liefern verlässliche Daten, die vor dem Bau einer Anlage sorgfältig berücksichtigt werden.

Auch die Topographie, die umgebende Vegetation, hohe Gebäude und bereits vorhandene Windkraftanlagen in der Umgebung spielen eine Rolle. Die Stärke und Beständigkeit des Windes nimmt mit der Entfernung vom Boden zu. Dieses Prinzip lässt sich vereinfacht mit folgenden Formeln darstellen: 

  • Jeder zusätzliche Meter Höhe einer Windkraftanlage erhöht die Stromausbeute um ein Prozent.
  • Bei einer Verdoppelung der Flügellänge vervierfacht sich der Ertrag.
  • Eine Verdoppelung der Windgeschwindigkeit führt sogar zu einer Verachtfachung des Ertrages.

Effiziente Methoden der Windenergiespeicherung

Wind lässt sich nicht bei Bedarf ein- und ausschalten, mal bläst zu wenig, mal ist zu viel davon vorhanden. Es ist für die Zukunft wichtig, den aus Windenergie erzeugten Strom, auf die eine oder andere Weise zu speichern. Folgende Konzepte bieten sich dafür an:

  1. Pumpspeicherkraftwerke: Eine bewährte Methode ist die Speicherung elektrischer Energie in Form von potentieller Energie in einem Stausee. In Zeiten niedriger Nachfrage wird überschüssige Windenergie genutzt, um Wasser in den Stausee zu pumpen. Bei erhöhtem Energiebedarf fließt das Wasser zurück in den Generator und erzeugt erneut Strom mithilfe von Turbinen. Dieses Konzept trägt zur effizienten Nutzung von Windenergie bei, indem es überschüssige Energie für Bedarfsspitzen speichert.
  2. Power-to-X-Konzept: Dieses innovative Konzept wandelt überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energiequellen in andere Energieformen um. Unter dem Begriff „Power-to-X“ werden verschiedene Strategien entwickelt und getestet, darunter „Power-to-Heat“ (Umwandlung in Wärme), „Power-to-Gas“ (Umwandlung in Gas), „Power-to-Liquid“ (Umwandlung in flüssige Brennstoffe) und „Power-to-Chemicals“ (Umwandlung in chemische Produkte). Diese vielfältigen Ansätze ermöglichen es, Windenergie flexibel zu nutzen und in verschiedensten Anwendungen einzusetzen.
  3. Unterirdische Salz-Batterien: Eine vielversprechende Innovation sind unterirdische Batterien auf Salzbasis. Diese Technologie nutzt das Prinzip der Redox-Flow-Batterien, bei denen elektrische Energie in chemischen Verbindungen gespeichert wird. Salzlösungen dienen als Speichermedium, und die Batterien können über lange Zeiträume hinweg Energie speichern und abgeben. Dieser Ansatz bietet Potenzial für eine zuverlässige und skalierbare Speicherlösung für erneuerbare Energien.

Zusätzlich dazu werden auch einige innovative Konzepte erforscht, die Druckluft, Wärme, Hydraulik und das Prinzip der fallenden Betongewichte nutzen. In den kommenden Jahren wird sich herausstellen, welche dieser Methoden sich als besonders wirtschaftlich erweist.

Pumpspeicherkraftwerk
Pumpspeicherkraftwerke eignen sich perfekt zum Speichern von Windenergie

Drehen Windräder bei Sturm durch?

Bei stürmischem Wetter kann die Windenergie bis zu 60 Prozent des deutschen Strommixes ausmachen. Doch dann sind Windkraftanlagen besonders gefordert. Das Zentrum der Anlage, die Nabe, um die sich die Rotorblätter drehen, befindet sich meist in über 100 Metern Höhe. In dieser luftigen Höhe weht der Wind stärker, was bei Sturm eine erhebliche Belastung für die Rotorblätter bedeutet.

Droht gar ein Orkan, werden die Anlagen vorsorglich abgeschaltet und die Rotorblätter in eine Stellung gebracht, die dem Wind möglichst wenig Angriffsfläche bietet. Diese Schutzmaßnahmen werden ab einer Windgeschwindigkeit von 90 km/h aktiviert, um sowohl die Anlagen als auch das Stromnetz zu schützen.

Außerdem verhindert dieses Verfahren eine Überlastung des Stromnetzes, die entstehen könnte, wenn zu viel Energie gleichzeitig in die Netze eingespeist wird. Eine solche Situation könnte Schäden an Verteilern, Transformatoren und anderen Anlagen verursachen und zu Stromausfällen führen. Kommt es aufgrund stürmischer Bedingungen zu regionalen Abschaltungen von Windkraftanlagen, gleicht das nationale Stromnetz diese Schwankungen aus. Dies gewährleistet einen reibungslosen Energiefluss und verhindert lokale Engpässe im Stromnetz.

Ab wann lohnt sich Windkraft?

Windkraftanlagen gleichen ihren „ökologischen Fußabdruck“ bereits wenige Monate nach Inbetriebnahme aus, wie die Forscher Karl R. Haapala und Preedanood Prempreeda von der Oregon State University (USA) herausgefunden haben.

Die Wissenschaftler analysierten die Energiebilanz von Windturbinen mit einer elektrischen Leistung von zwei Megawatt. Dabei berücksichtigten sie den gesamten Lebenszyklus von der Gewinnung der Baumaterialien über die Produktion, den Transport, die Installation, die Wartung bis hin zum Abbau der Anlagen. Ein Großteil der benötigten Energie stammt aus fossilen Brennstoffen, was zur Freisetzung klimarelevanter Gase führt. Dem gegenübergestellt wurde die elektrische Energie, die die Windkraftanlage während einer Betriebsdauer von 20 Jahren erzeugt.

Die Analyse zeigt, dass Windkraftanlagen bereits nach fünf bis sieben Betriebsmonaten ihre energetischen Investitionen einschließlich Herstellung und Wartung „zurückzahlen“. Während der verbleibenden Betriebszeit von mehr als 19 Jahren liefern sie insgesamt emissionsfreien Strom.

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