Stampflehmwände bestehen aus lagenweise verdichtetem, erdfeuchtem Lehm und bieten eine umweltfreundliche Alternative zu konventionellen Baustoffen. In dieser Anleitung erfahren Sie, wie Sie eine Stampflehmwand fachgerecht planen, vorbereiten und herstellen. Thematisiert werden u. a. die Wahl des richtigen Lehmgemischs, der Aufbau der Schalung, das Stampfen, der Feuchteschutz sowie mögliche Oberflächenbehandlungen.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Was ist Stampflehm?
- Planung und Vorbereitung
- Wand herstellen
- Oberflächen gestalten und schützen
- Stampflehmböden
Was ist Stampflehm?
Stampflehm ist ein natürlicher Baustoff aus Lehm, Sand und Kies, der lagenweise in eine Schalung eingebracht und verdichtet wird. Die Mischung bleibt erdfeucht, d. h. formbar, aber nicht matschig. Beim Austrocknen erhält das Material seine Festigkeit. Stampflehm kann sowohl für tragende als auch nichttragende Wände verwendet werden. Aufgrund seiner Masse speichert er Wärme und Feuchtigkeit – ideale Eigenschaften für ein angenehmes Raumklima.
🛠️ Arbeitsschritte beim Bau einer Stampflehmwand
1. Planung & Vorbereitung
– Feuchteschutz klären
– Wandstärke je nach Funktion festlegen
– Statik, Sockelhöhe und Nutzung früh berücksichtigen
2. Baugrund & Sockel
– Sockel aus Beton oder Naturstein
– Horizontale Sperrschicht (z. B. Bitumenbahn)
– Außenwände mit Spritzwasserschutz
3. Schalung aufbauen
– Stabile, exakt ausgerichtete Schalung
– Modular oder gleitend versetzbar
– Aussparungen für Installationen einplanen
4. Lehmmischung herstellen
– Mischung aus Sand, Kies, Schluff, Ton
– Erdfeucht & homogen – per Handform prüfen
– Optional: Fasern zur Rissvermeidung einmischen
5. Stampfen in Lagen
– Schichtweise einbringen (10–15 cm)
– Gleichmäßig verdichten mit Stampfer
– Erst Innen- und Außenkanten, dann Mitte
6. Öffnungen & Deckenauflager
– Stürze aus Beton oder Stahlprofilen
– Tragfähige Auflager ≥ 30 cm
– Ringanker gegen Auseinanderdrücken
7. Trocknung & Feuchteschutz
– Gleichmäßig & langsam trocknen lassen
– Belastung erst nach Austrocknung
– Witterungsschutz während der Bauphase
8. Sichtwand oder Putz?
– Sichtfläche mit Drahtbürste betonen
– Putz nur auf trockene Wand, zweilagig ≥ 20 mm
– Diffusionsoffene Materialien verwenden
9. Technik & Befestigung
– Schlitze & Leerrohre direkt einarbeiten
– Tiefe Verankerung für schwere Lasten
– Spezialdübel oder integrierte Dübelhölzer nutzen
Planung und Vorbereitung
Stampflehm gehört zu den ältesten und zugleich nachhaltigsten Baustoffen der Welt. Damit seine positiven Eigenschaften wie Wärmespeicherung, Feuchteregulierung und Langlebigkeit voll zur Geltung kommen, braucht es jedoch eine sorgfältige Ausführung – besonders im Sockel- und Wandaufbau. Bereits bei der Planung ist entscheidend, wie der Lehm vor Feuchtigkeit geschützt und fachgerecht verarbeitet wird. Die folgenden Abschnitte zeigen Schritt für Schritt, worauf es beim Baugrund, der Schalung und der Lehmmischung ankommt.
Baugrund und Sockel
Stampflehm darf niemals direkt mit dem gewachsenen Boden in Kontakt kommen, da aufsteigende Feuchtigkeit den Baustoff schädigen würde. Deshalb beginnt der Wandaufbau mit einem tragfähigen Sockel aus einem wasserfesten Material wie Beton oder Naturstein. Dieser Sockel dient gleichzeitig als Spritzwasserschutz und Fundament.
Zwischen Sockel und Stampflehm wird eine horizontale Sperrschicht eingebaut – in der Regel eine Bitumenbahn oder eine bituminierte Pappe. Sie verhindert, dass Bodenfeuchtigkeit in die Lehmwand aufsteigt. Damit diese Sperrschicht beim Stampfen nicht beschädigt wird, liegt sie geschützt zwischen zwei Lagen Mauerwerk: unten die Sockelsteine und oben eine Lage wasserfester Ziegel oder eine Schicht grobkörnigen Betons.
Bei Außenwänden sollte der Sockel ausreichend hoch sein, damit er gegen Spritzwasser vom Boden schützt. Innenwände können auf trockenen Untergründen unter Umständen auch ohne Sockel gebaut werden, sofern keine Feuchtebelastung besteht.
Die Wandstärke richtet sich nach ihrer Funktion: Tragende Wände benötigen mindestens 24 cm Dicke, nichttragende kommen mit 20 cm aus. Bei sehr hohen Wänden muss die Stärke entsprechend angepasst werden. Für Vorsatzschalen im Innenbereich genügen bereits 5 cm.
Schalung aufbauen
Das Stampfen erzeugt einen hohen seitlichen Druck. Deshalb müssen die Schalungselemente stabil, formsteif und rutschfest verankert sein. Besonders bewährt haben sich modulare Schalungssysteme oder sogenannte Gleitschalungen, die nach jedem Arbeitsschritt versetzt werden. Dabei bleibt stets das letzte Drittel des gestampften Abschnitts eingeschalt. Das verhindert ein Abrutschen der frischen Wand.
Die Schalung wird auf einem festen Untergrund verankert und muss exakt lotrecht ausgerichtet sein. Selbst geringe Schiefstellungen können sich auf das gesamte Wandbild auswirken. An Ecken können Dreikantleisten helfen, die Kanten zu schützen und exakter auszubilden.
Installationen wie Elektroleitungen oder Leerrohre lassen sich direkt beim Schalen berücksichtigen. Dazu planen Sie Aussparungen für Steckdosen, Fenster oder Leerrohre in der Schalung ein. Diese Aussparungen müssen besonders stabil abgestützt werden, um beim Stampfen nicht zu verrutschen oder zu verformen.
Lehm richtig mischen
Stampflehm besteht aus einem natürlichen Gemisch aus Sand, Kies, Schluff und Ton. Ein guter Stampflehm enthält etwa 50 bis 75 % grobe Anteile wie Kies und Sand und 20 bis 35 % feine Bestandteile wie Schluff und Ton. Die genaue Zusammensetzung hängt vom lokalen Boden ab und muss überprüft werden.
Das Lehmgemisch wird mit einem Zwangsmischer aufbereitet, bis es homogen und leicht feucht ist. Die optimale Konsistenz wird per Handformprüfung getestet: Der Lehm soll krümelig sein, aber unter leichtem Druck zusammenhalten. Zu nasser Lehm „fließt“ aus der Schalung und schrumpft stark beim Trocknen. Zu trockener Lehm lässt sich nicht ausreichend verdichten.
Zur Verbesserung der Festigkeit lassen sich pflanzliche Fasern wie Stroh, Hanf oder Flachs einmischen. Diese verhindern Rissbildung und unterstützen die Haftung zwischen den Lagen. Wichtig ist, die Mischung unmittelbar vor dem Einbau nochmals zu kontrollieren und bei Bedarf anzupassen.
Wand herstellen
Das Herzstück jeder Stampflehmwand ist der eigentliche Verdichtungsvorgang – das sogenannte Stampfen in Lagen. Nur durch sorgfältiges und schichtweises Einbringen und Verdichten des Lehms entsteht eine stabile, dauerhafte und ästhetisch ansprechende Wandstruktur. Doch das Stampfen erfordert mehr als Muskelkraft: Es braucht ein gutes Gespür für Material, Rhythmus und Technik. Im Folgenden erfahren Sie, wie der Schichtaufbau gelingt, worauf bei Stürzen und Auflagern zu achten ist und wie der sensible Trocknungsprozess optimal begleitet wird.
Stampfen in Lagen
Der vorbereitete Lehm wird abschnittsweise in die Schalung eingebracht. Pro Lage sollte die Einfüllhöhe zwischen 10 und 15 cm liegen. Diese Schicht wird anschließend mechanisch oder von Hand verdichtet. Nach dem Stampfen reduziert sich die Schichthöhe um etwa ein Drittel auf 6 bis 10 cm.
Zum Einsatz kommen meist pneumatische oder elektrische Stampfer, bei sehr breiten Wänden auch Vibrationswalzen mit Schaffußprofil. Das manuelle Stampfen ist möglich, aber kräftezehrend. Wichtig ist eine gleichmäßige Verdichtung über die gesamte Fläche. Unverdichtete Hohlräume führen zu strukturellen Schwächen und erhöhen das Rissrisiko.
Richtig stampfen
Gestampft wird idealerweise zuerst an den Innen- und Außenkanten, dann zur Mitte hin. So entsteht ein stabiler Verbund zur Schalung hin, der die Form sichert. Jede Lage wird solange bearbeitet, bis sich die Oberfläche nicht mehr sichtbar absenkt und eine homogene, dichte Struktur erreicht ist. Die verdichtete Lage soll fest, aber nicht verschlossen wirken – eine zu glatte oder gar glänzende Oberfläche weist auf übermäßige Verdichtung hin.
Der Stampfvorgang darf keinesfalls an einem Schalungsende beginnen. Dadurch würde die Schalung in Längsrichtung weggedrückt. Stattdessen beginnt man etwa in der Mitte der Wand und arbeitet sich zur Seite vor. Besonders bei Sichtflächen ist die Sorgfalt entscheidend: Jeder Arbeitsschritt ist später in der Textur der Wand erkennbar.
Sobald ein Einbauabschnitt fertig ist, sollte eine Pause von mehreren Tagen eingelegt werden. Je nach Witterung reichen 3 bis 5 Tage, um eine ausreichende Festigkeit zu erreichen. Erst dann darf die nächste Lage darauf aufgebaut werden.
Stürze und Deckenauflager
Wandöffnungen wie Türen und Fenster müssen durch tragfähige Stürze überspannt werden. Diese bestehen aus Stahlprofilen, Betonfertigteilen oder Ortbeton. Vor der Herstellung des Sturzes wird eine U-förmige Schalung aus Stampflehm modelliert. Nach einer Trocknungszeit von rund 9 Tagen wird der Sturz darin eingebettet.
Die Auflagerfläche des Sturzes muss mindestens 30 cm betragen, bei breiteren Öffnungen auch bis zu 50 cm. Ein stabiler Ringanker auf Wandhöhe verhindert ein Auseinanderdrücken der Wand und sorgt für eine sichere Auflage der Geschossdecke. Auch der Ringanker wird in einer Stampflehm-U-Schale ausgeführt und mit Bewehrung sowie Beton gefüllt.
Wichtig: Die Schalung für den Sturz oder Ringanker darf erst entfernt werden, wenn Beton und Lehm ausreichend getrocknet sind. Andernfalls besteht die Gefahr von Setzungen und Instabilität.
Trocknung und Schutz
Stampflehm trocknet langsam und gleichmäßig von außen nach innen. Der Trocknungsprozess kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen. In dieser Zeit darf die Wand nicht belastet werden. Zusätzliche Auflasten wie Decken oder schwere Bauteile dürfen erst eingebaut werden, wenn der Feuchtegehalt auf ein unkritisches Niveau gesunken ist. Im Zweifel hilft eine Feuchtemessung mittels Bohrkern.
Achten Sie auf gleichmäßige Belüftung, aber vermeiden Sie direkte Sonneneinstrahlung oder starke Luftströme auf nur eine Seite der Wand. Beides führt zu ungleicher Trocknung und erhöht die Rissgefahr.
Konsequenter Feuchteschutz
Während der gesamten Bauzeit ist ein konsequenter Feuchteschutz notwendig. Frisch gestampfte Wände sind besonders empfindlich gegen Regen, aufstehendes Wasser und Durchfeuchtung. Auch überstehende Schalungselemente müssen so gesichert sein, dass sich darin kein Wasser sammeln kann.
Legen Sie bereits vor dem Baubeginn fest, wer für den Wetterschutz verantwortlich ist – auch an Wochenenden oder Feiertagen. Ein Bereitschaftsdienst oder provisorische Überdachungen können hier hilfreich sein.
Oberflächen gestalten und schützen
Stampflehmwände bieten nicht nur konstruktive Stabilität, sondern auch gestalterische Vielfalt. Ob als rohe Sichtfläche mit lebendiger Textur oder als verputzte Oberfläche mit klarer Linienführung – jede Variante hat ihre eigenen Anforderungen und gestalterischen Reize. Doch bevor die Entscheidung für Sichtwand oder Putz fällt, lohnt sich ein genauer Blick auf die technischen Unterschiede, die optischen Wirkungen und die bauphysikalischen Eigenschaften. Der folgende Abschnitt zeigt, worauf es bei der Gestaltung und Ausführung ankommt.
Sichtwand oder Putz?
Stampflehmwände können entweder unverputzt als Sichtwand bestehen bleiben oder mit einem geeigneten Putzsystem überarbeitet werden. Sichtflächen entfalten ihren besonderen Charakter durch die lebendige Struktur, die beim Stampfen entsteht. Jede Lage, jede Verdichtung und jedes Schalungselement hinterlässt sichtbare Spuren – das macht den Reiz dieser archaischen Bauweise aus.
Hydrophobierender Anstrich
Um die Oberfläche einer Sichtwand zu betonen, kann sie nach dem Ausschalen mit einer Drahtbürste leicht abgebürstet werden. Dadurch werden grobe Zuschläge freigelegt und eine plastische Wirkung erzielt. Farbunterschiede, Streifen oder Schichtungen sind dabei typische Merkmale und kein Mangel. Auf Wunsch lassen sich auch Erdpigmente zur natürlichen Farbgestaltung einsetzen.
Gegen gelegentliche Feuchtigkeit sind Stampflehmwände relativ unempfindlich. Um sie bei Schlagregen zu schützen, kann ein diffusionsoffener, hydrophobierender Anstrich verwendet werden. Dieser sollte auf Silikat- oder Lehm-Basis beruhen, damit die atmungsaktiven Eigenschaften erhalten bleiben. Solche Anstriche reduzieren das Eindringen von Wasser, bieten aber keinen vollständigen Wetterschutz. Entscheidend ist daher immer ein konstruktiver Schutz, z. B. durch Überstände, Sockel und Spritzschutzbereiche.
Stampflehmwand muss vor dem Verputzen trocken sein
Soll die Stampflehmwand verputzt werden, muss sie völlig durchgetrocknet sein. Nur dann kann ein dauerhafter Verbund zwischen Putz und Untergrund entstehen. Setzungen und Trocknungsprozesse sollten abgeschlossen sein, um Rissbildungen zu vermeiden. Die Wahl des Putzsystems hängt von der Beanspruchung ab:
Im Außenbereich sind weiche, elastische und gleichzeitig wetterbeständige Putzmörtel auf Kalkbasis (z. B. Trasskalk) empfehlenswert. Sie passen sich dem Untergrund an und wirken spannungsreduzierend. Dichte, zementhaltige Mörtel sind zu vermeiden, da sie das Dampfdiffusionsverhalten negativ beeinflussen und zur Ablösung führen können.
Zur Verbesserung der Haftung empfiehlt sich eine Untergrundvorbereitung mit einer Drahtbürste, um grobe Zuschläge freizulegen. Alternativ können Spritzbewürfe oder ein Putzträgergewebe (z. B. Glasfasergewebe) eingesetzt werden. Dieses sollte vollflächig und spannungsfrei eingebettet werden. Die Putzstärke sollte mindestens 20 mm betragen und zweilagig ausgeführt sein.
Im Innenbereich kann auch Lehmputz verwendet werden, der sich harmonisch mit dem Untergrund verbindet. Kalk- oder Gipsmörtel sind ebenfalls möglich, sofern die Herstellerangaben zur Untergrundvorbereitung beachtet werden.
Technische Integration
Installationen lassen sich gut in Stampflehmwänden integrieren. Waagerechte Schlitze können durch das Einbringen von U-Profilen während des Baus realisiert werden. Diese verbleiben in der Wand und bieten Platz für Elektroleitungen. Senkrechte Installationsschächte werden oft mit konisch eingesetzten Holzleisten ausgespart, die nach dem Austrocknen entfernt werden.
Auch das nachträgliche Ausstemmen oder -schneiden von Schlitzen ist möglich, sollte aber mit Bedacht erfolgen, um Rissbildungen zu vermeiden. Leerrohre können auch direkt mit eingestampft werden, sofern sie ausreichend stabil sind. Unterputzdosen werden entweder in vorbereiteten Aussparungen eingegipst oder mit Haftmörtel befestigt.
Lastaufnahme und Befestigung
Stampflehm besitzt eine gute Druckfestigkeit, ist aber empfindlich gegen punktuelle Zugbelastungen. Deshalb ist für die Befestigung von Lasten eine tiefgreifende Verankerung wichtig. Leichte Objekte wie Bilder oder Regale können mit Dübeln oder Schrauben befestigt werden, die tief ins Wandinnere greifen.
Für schwere Lasten wie Heizkörper, Hängeschränke oder Sanitärgegenstände sollte die übliche Dübeltechnik verwendet werden. Besonders tragfähig sind konische Spezialdübel oder chemische Verankerungssysteme. Alternativ können schon beim Bau konisch geformte Dübelhölzer mit eingestampft werden, um später sichere Befestigungspunkte zu erhalten.
Stampflehmböden
Neben Wänden lassen sich auch Stampflehmböden herstellen. Diese eignen sich vor allem für wenig beanspruchte Räume oder Ausstellungsbereiche. Wichtig ist hier eine kapillarbrechende Schicht, z. B. aus Rollkies oder Schaumglasschotter. Der Boden wird lagenweise aufgebracht, verdichtet und ggf. mit Schlicker verspachtelt. Eine abschließende Behandlung mit Öl oder Wachs verbessert die Strapazierfähigkeit.