Lehmbau erfährt hierzulande gerade wieder eine Renaissance, dabei gehört Lehm zu den ältesten Baustoffen überhaupt. Bereits vor über 10.000 Jahren bauten Menschen mit Lehmsteinen, wie Funde in Ostanatolien beweisen. Etwa 1/3 der Weltbevölkerung lebt in Lehmhäuer. Mit Lehm und Stroh lässt sich einiges machen, selbst tragende Wände lassen sich damit erstellen. Erfahren Sie hier alles über die verschiedenen Lehmbaustoffe und wie sie sich einsetzen lassen.
Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Das ist Lehm
- Einsatzgebiete von Lehm
- Die verschiedenen Lehmbaustoffe
- Funktioniert perfekt mit Lehm – der Strohballenbau
- Anbieter von Lehmbaustoffen
Das ist Lehm
Lehm ist zunächst einmal eine Bodenart – bestehend aus Sand, Schluff und Lehm. Wobei die verschiedenen Anteile schwanken. Tonreiche Lehme werden zum Beispiel als fett, tonarme Lehme als mager bezeichnet. Lehm ist fast überall auf der Welt verbreitet und somit leicht verfügbar. Lehmbau ist daher äußerst nachhaltig und ökologisch zu empfehlen.
Doch nicht nur durch seine Nachhaltigkeit überzeugt Lehm:
- In feuchtem Zustand lässt sich Lehm formen, im trockenen Zustand ist er fest.
- Er kann Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben, was sich positiv auf das Raumklima auswirkt. Schimmelbildung wird vermieden.
- Beim Lehmbau besonders zu beachten ist allerdings, dass Lehm bei Wasseraufnahme quillt und beim Trocknen schwindet.
- Durch seine Masse besitzt der Baustoff eine gute Schalldämmung und eine hohe Wärmespeicherfähigkeit.
- Die Eigenschaften von Lehm lassen sich durch verschiedene Zusätze wie Stroh, Holzspäne oder Hanffasern beeinflussen.
- Lehm gibt keine Schadstoffe ab und lässt sich angenehm verarbeiten.
- Für die Herstellung von Lehmbaustoffen benötigt es nur sehr wenig Energie.
Der Lehm, um den es im Lehmbau geht, wird nicht gebrannt. Er bindet auch nicht chemisch ab, sondern härtet nur physikalisch aus. Durch Wasserzugabe wird er daher wieder formbar. In unseren Breitengraden kommt er daher in der Regel nur dort zum Einsatz, wo er vor der Witterung geschützt ist.
Einsatzgebiete von Lehm
Lehm ist nicht nur ökologisch und bauphysikalisch ein außergewöhnlicher Baustoff, er lässt sich zudem vielfältig verwenden und ist äußerst wandelbar. Lehm lässt sich:
- Als Schüttung verwenden
- Zu Putz und Mörtel verarbeiten
- Zu Steinen und Platten formen
- Zu massiven Wänden stampfen
Aus Lehm hergestellt werden Fußböden sowie tragende und nicht tragende Wände. Zu Platten verarbeitet kommt der Baustoff im Trockenbau zum Einsatz. Außerdem lassen sich Innenwände mit dem gesunden Lehm verputzen und Wände vermörteln. Kurz gesagt: Lehm kommt vom Dach bis zum Fußboden überall im Haus zum Einsatz.
Die verschiedenen Lehmbaustoffe
Lehm wird geformt oder ungeformt, feucht oder trocken, verpackt oder unverpackt an die Baustelle geliefert. Gängige Baustoffe sind:
- Stampflehm
- Strohlehm
- Leichtlehm
- Lehmplatten
- Lehmsteine
- Lehmschüttung
- Lehmmörtel
- Wellerlehm
Stampflehm
Bei dieser Lehmbauweise kommt der Lehm feinkrümelig und erdfeucht aufbereitet auf die Baustelle. Dort wird er lagenweise in eine Schalung gefüllt und gestampft. Das funktioniert so ähnlich wie beim Betonbau. Nach der Verdichtung ist Stampflehm äußerst schwer – er besitzt eine Rohdichte von 1700 bis 2200 Kilogramm pro Kubikmeter.
Er eignet sich daher problemlos für tragende Bauteile aus Lehm. Außer tragenden und nichttragenden Wänden werden auch Fußböden aus Stampflehm hergestellt. Nichttragende Wände müssen mindestens 20 Zentimeter, tragende Wände mindestens 32,5 Zentimeter dick ausgeführt werden.
Wände aus Lehm können von außen gedämmt werden, was bei bewohnten Gebäuden auch gemacht werden muss. Die Wärmedämmfähigkeit des Lehms ist wegen der hohen Rohdichte nämlich eher gering. Wenn Sie die Wand von innen dämmen wollen, geht das zwar auch, Sie nehmen sich allerdings weitestgehend die positiven Eigenschaften des Lehms auf das Raumklima.
Außenwände aus Stampflehm können verputzt werden, müssen aber nicht. Auch Vorhandfassaden und Wärmedämmverbundsysteme sind möglich. Für sichtbare Stampflehmwände sind verschiedene Farben erhältlich – von Weiß über Grau bis hin zu Gelb oder Rot. So lassen sich auch verschiedenfarbige Schichten erstellen.
Zu beachten ist, dass der Lehm durch Regenbelastung mit der Zeit abgetragen wird. Bremsen lässt sich die Regenerosion durch im Randbereich eingestampfte Mörtelleisten, Ziegelbruch oder plattenförmige Steine. Die Wandoberfläche wird dadurch im durchfeuchteten Zustand stabilisiert.
Stabiler Sockel notwendig
Wände aus Stampflehm benötigen einen Sockel aus wasserfestem und stabilem Material. Der Sockel muss bei Außenwänden so hoch sein, dass Spritzwasser der Lehmwand nichts anhaben kann. Unter dem Sockel braucht es eine Horizontalsperre, damit keine Feuchtigkeit die Wand hochkriechen kann.
Verputzen
Putze sollten eher weich und elastisch anstatt hart und spröde. Außerdem eignen sich diffusionsoffene Putze besser als dichte. Der Lehm muss vor dem Verputzen vollständig durchgetrocknet sein, was einige Zeit in Anspruch nimmt. Es eignen sich insbesondere Putze der Mörtelgruppe P I – wie magere Trasskalkmörtel. In geschützten Bereichen können Sie außerdem Luftkalkmörtel verwenden.
Vorgefertigte Stampflehmwände
Ganz neu sind vorgefertigte Wände aus Stampflehm. Wie beim Fertigbau werden die Stampflehmwände bereits in der Werkstatt erstellt und dann zur Baustelle transportiert. Die Vorteile: Witterungsabhängigkeit, Lärm- und Stampfdruckbelastung entfallen. Außerdem sind die Stampflehmelemente sehr maßhaltig und es lassen sich die gewünschten Farben und Strukturen präzise umsetzen.
Strohlehm
Strohlehm ist eine Mischung aus Baulehm und Stroh. Der Baustoff ist dadurch leichter mit einer Rohdichte zwischen 1.200 du 1700 Kilogramm pro Kubikmeter. Es wird entweder erdfeucht in großen Säcken auf die Baustelle geliefert oder zu Steinen oder Platten verarbeitet.
Das Material kommt ganz klassisch im Fachwerkbau zum Einsatz – zum Beispiel für die Reparatur von Lehmausfachungen oder für Fachwerkausfachungen ganz allgemein. Auch zur Herstellung von Stakendecken oder zum Füllen historischer Holzbalkendecken kommt Strohlehm zum Einsatz.
Leichtlehm
Noch leichter als Strohlehm ist Leichtlehm, der dank diverser Zusätze eine Rohdichte zwischen 400 und 1200 Kilogramm pro Kubikmeter besitzt. Als Zuschläge fungieren organische Materialien wie Stroh, Hanf oder Holzhackschnitzel, aber auch mineralische Materialien wie Blähton und Blähschiefer. Es lässt sich dann Holzleichtlehm, Hanfleichtlehm und Blähtonleichtlehm unterscheiden.
Diese thermisch geblähten Mineralien besitzen traditionsgemäß sehr gute Wärmedämmeigenschaften. Allerdings sinkt durch die Zuschläge die Druckfestigkeit von Leichtlehm. Tragende Wände lassen sich damit keine mehr errichten.
Das Material wird daher meist mit einem Tragskelett (in der Regel aus Holz) kombiniert. Zum Beispiel als innendämmende Vorsatzschale im Fachwerkbau oder bei anderen Altbauten. Oder zur Ausfachung von Fachwerkhäusern. Hanfleichtlehm kommt für Decken mit sehr guten Schallschutzeigenschaften zum Einsatz.
Leichtlehm wird entweder in großen Säcken zur Baustelle geliefert und dort nass verarbeitet oder zu vorgefertigten Bauteilen verarbeitet und dann trocken verbaut. Es gibt ihn in verschiedenen Steinformaten oder zu Wandelementen verarbeitet.
Lehmplatten
Lehmplatten sind im Trockenbau sehr beliebt. Über Lehmbauplatten habe ich an anderer Stelle bereits ausführlich geschrieben. Ich möchte mich an dieser Stelle daher ganz kurz halten.
Mit Lehmplatten lassen sich Wände und Decken in Trockenbauweise verkleiden. Sie lassen sich an altes Mauerwerk kleben oder Schrauben, mit Hilfe von Traglatten an Decke oder Dachschräge oder mit Hilfe eines Ständerwerks an einer Trennwand befestigen. Mit Lehmfeinputz lassen sich Lehmplatten verputzen.
Lehmplatten sind von verschiedenen Herstellern erhältlich. Sie bestehen aus Lehm als Bindemittel und verschiedenen Armierungsstoffen wie gehäckseltem Stroh, Glasfasergewebe, Jutegewebe oder Schilfrohr.
Lehmsteine
Die Herstellung von Lehmsteinen ist ganz einfach: Erdfeuchter Lehm wird in Formen gepresst und anschließend getrocknet. So wurde es vor tausenden von Jahren gemacht und das Herstellungsverfahren hat sich nicht wesentlich geändert. Etwas aber schon, denn die moderne Lehmsteinproduktion kennt zwei Verfahren:
- Die traditionelle Handformung
- Maschinelle Produktion mit Strangpressen und Schneiden
Nehmen herkömmlichen Lehmsteinen, die aus reinem Lehm bestehen, gibt es noch die sogenannten Leichtlehmsteinen. Ihnen werden verschiedenste Zuschlagstoffe beigemischt – zum Beispiel Stroh- oder Holzhäcksel.
Lehmsteine werden wie herkömmliche Ziegelsteine mit Mörtel verbunden, allerdings nicht mit Zementmörtel, sondern Lehmmörtel. Bei Leichtlehmsteinen kommen Leichtlehmmörtel zum Einsatz, die ebenfalls leichte Zuschläge enthalten.
Schwere Lehmsteine lassen sich für Wandausfachungen, Deckenauflagen oder Vorsatzschalen verwenden. Es gibt außerdem welche, die sich für tragende Wände eignen. Hier müssen Sie auf die Herstellerangaben achten.
Leichte Lehmsteine kommen häufig für die Ausmauerung von Außenwandgefachen zum Einsatz. Sie können außerdem für die Innendämmung verwendet werden. In diesem Fall werden sie als Vorsatzschale auf die Innenseite der Außenwand gesetzt.
Lehmschüttung
Lehmschüttungen sind je nach Verwendungszweck in verschiedenen Zusammensetzungen erhältlich. So zum Beispiel als Blähton-Leichtlehm, Holz-Leichtlehmschüttung, Lehmgranulat oder Tongranulat. Sie sind rieselfähig und werden in großen Säcken auf die Baustelle geliefert.
Ein typisches Einsatzgebiet der Lehmschüttung ist die Hohlraumverfüllung bei der Sanierung von alten Fachwerken. Lehmschüttungen besitzen gute Wärmespeicher- und Schallschutzfähigkeiten, weshalb sie auch gerne als Füllmaterial zwischen den Lagerhölzern von Holzbalkendecken verwendet werden. Und das sowohl in Altbauten also auch im modernen Holzbau.
Lehmmörtel
Der zum Mauern von Wänden aus Lehmsteinen verwendete Lehmmörtel ist eine Mischung aus Baulehm und Sand, dem zusätzliche organische Stoffe wie Strohhäcksel beigemischt sein können. Man unterscheidet leichten Lehmmauermörtel zum Mauern von Leichtlehmsteinen und schwerem Lehmmauermörtel zum Mauern von schweren Lehmsteinen.
Praktischerweise ist Lehmmörtel unbegrenzt haltbar. Sie können also jederzeit wieder Wasser dazugeben, um ihn wieder verarbeitungsfähig zu machen. Das klappt bei Mörtel auf Zementbasis nicht, da hier Reaktionen stattfinden, die nicht mehr umkehrbar sind und ihn fest werden lassen.
Wellerlehm
Zum Abschluss möchte ich noch einige Worte über Wellerlehm verlieren. Er kam im traditionellen Lehmbau gerne zum Einsatz und war im Prinzip eine eigene Bauweise. Der Lehmwellerbau war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt weit verbreitet.
Wellerlehm besteht aus einem Stroh-Lehm-Gemisch, das unter Wasserzugabe gut durchgemischt und über Nacht eingeweicht wird. Im Unterschied zu Stampflehm, das in eine Schalung gegeben wird, kommt Lehmweller ohne diese aus. Das Material wird einfach mit einer Mistgabel zu 50 bis 120 Zentimeter dicken Wänden aufgeschichtet. Und zwar in Schichten von um die 80 Zentimeter. Ist die eine Schicht trocken, kommt die nächste. Damit ließen sich ganz Gebäude mit tragenden Wänden errichten.
Aufgrund der langen Trockenzeit, können Wellerlehm-Wände nur im Frühjahr und Sommer errichtet werden. Ansonsten besteht die Gefahr von Frostschäden. Beim Trocknungsprozess setzt sich die Wand um rund 15 Zentimeter pro Stockwerk, das muss beim Einbau von Fenstern und Türen beachtet werden.
Funktioniert perfekt mit Lehm – der Strohballenbau
Sehr gut zum Thema Lehmbau passt der Strohballenbau. Neben Stroh kommt hier nämlich noch Lehm zum Verputzen der Strohwände zum Einsatz. Beim Strohballenbau müssen Sie zwischen tragenden und nichttragenden Konstruktionen unterscheiden.
Bei nichttragenden Strohballenhäusern besteht das tragende Grundgerüst aus Holzständern und lediglich die Gefache der Holzständerwand werden mit Stroh ausgefüllt. Es gibt aber auch Strohballenhäuser, deren Wände komplett aus Stroh bestehen. Sie müssen nur dick genug sein, damit sie die Lasten aus der Dachkonstruktion abtragen können. Dabei hilft ein Ringanker, der zwischen Dach und Strohballen angeordnet wird.
Besonders wichtig ist bei Strohballenhäusern der Schutz vor Feuchtigkeit, denn feucht darf das Stroh keinesfalls werden. Das fängt schon beim Einbau an, denn die Strohballen dürfen eine bestimmte Feuchte nicht überschreiten. Außerdem eignen sich nicht alle Getreidesorten.
Chemische Mittel sollten beim Strohballenbau nicht zum Einsatz kommen. Großen Wert muss daher auf den konstruktiven Feuchteschutz gelegt werden – zum Beispiel durch große Dachüberstände. Zum Schutz vor Mäusen und Insekten braucht es Insektenschutzgitter, eine hohe Ballendichte sowie einen lückenlosen und rissfreien Verputz. Eine mit Lehmputz versehene Strohballenwand kann übrigens die Feuerwiderstandsklasse F30/F90 erreichen.
Anbieter von Lehmbaustoffen
Zufällig wohne ich in der gleichen Stadt wie einer der bekanntesten Anbieter von Lehmbaustoffen – ich möchte Ihnen daher gerne den Hersteller Claytec empfehlen. Auf deren Website finden Sie nicht nur die richtigen Baustoffe, sondern zusätzlich noch jede Menge weiterführende Informationen. Nur zur Info – ich werde von Claytec nicht bezahlt oder auf sonstige Weise unterstützt.