Altersgerechte Küche – bequem kochen bis ins hohe Alter

Von Dominik Hochwarth

Mühsames Bücken, unsicheres Greifen an der Oberschranktür, Kollisionen mit vollbepackten Tabletts – viele Küchenärger im Alltag lassen sich vermeiden, wenn die Küche konsequent altersgerecht geplant ist. Dabei geht es nicht um sterile Seniorenlösungen, sondern um intelligente Anpassungen, die Ihre tägliche Arbeit erleichtern und Unfälle reduzieren.

Wir zeigen, worauf es bei Ergonomie, Sicherheit und Technik ankommt — vom höhenverstellbaren Herd bis zum rutschfesten Boden. Sie erhalten einen praxistauglichen 5-Schritte-Plan zur Umsetzung und Hinweise zu Kosten und Fördermöglichkeiten.

Küche planen
Beim Planen einer altersgerechten Küche gibt es einige Besonderheiten

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Altersgerecht oder barrierefrei? Wo liegt der Unterschied?

Es ist wichtig, den Unterschied klar zu verstehen: Altersgerecht zielt auf Komfort, Bequemlichkeit und Vorsorge. Barrierefrei geht weiter und richtet sich an Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Rollstuhlnutzung.

Eine barrierefreie Küche muss Normen wie der DIN 18040-2 genügen, also etwa unterfahrbare Arbeitsflächen, großzügige Bewegungsflächen und bestimmte Türbreiten gewährleisten. Sie ist oft Voraussetzung für Förderung.

Altersgerecht ist hingegen flexibler: Sie müssen nicht zwingend alle Elemente unterfahrbar machen, sondern eher sicher und bequem nutzbar. Viele Maßnahmen überschneiden sich, manche barrierefreie Anforderungen sind für Sie vielleicht heute überdimensioniert. Entscheidend ist Ihre persönliche Situation – also: Analysieren Sie, was Sie heute brauchen und womöglich bald brauchen könnten.

Unterschied zwischen altersgerecht und barrierefrei

Ergonomie: Passen Sie die Küche an, nicht umgekehrt

Ergonomie heißt, die Küche so zu gestalten, dass Körper, Bewegungen und Abläufe optimal zusammenspielen. Der Kern: Bücken, Strecken, exzessive Wege vermeiden.

Ein zentraler Begriff in der Küchenplanung ist das magische Arbeitsdreieck: Kühlschrank, Spüle und Kochfeld sollten möglichst nahe beieinander liegen, damit Sie kurze Wege haben und keine Lasten quer durch den Raum tragen müssen. ― Das ist eine bewährte Regel im Küchenbau.

Darüber hinaus: Organisieren Sie den Stauraum so, dass die meist genutzten Utensilien in Hüft- bis Schulterhöhe liegen. Alles darunter erfordert Bücken, alles darüber Strecken. Wenn Sie es einmal so eingerichtet haben, glauben Sie kaum, wie oft das den Unterschied macht.

Sicherheit von Anfang an: Rutschgefahr, Kanten, Technik

Eine Küche, in der Sie sich bewegen, kochen und hantieren, birgt Risiken – gerade mit steigender Eine Küche sollte Ihnen Sicherheit geben – nicht das Gefühl, ständig auf der Hut zu sein. Doch gerade mit zunehmendem Alter oder eingeschränkter Beweglichkeit steigt das Risiko, sich in der Küche zu verletzen. Ein falscher Schritt auf feuchtem Boden, eine scharfe Ecke oder eine zu heiße Armatur können schnell gefährlich werden. Deshalb lohnt es sich, schon bei der Planung gezielt auf Sicherheit zu achten.

Rutschfester Bodenbelag:
Wählen Sie Materialien mit einer Rutschhemmklasse R10 oder höher. Diese Oberflächen bieten auch dann Halt, wenn Wasser oder Fett auf den Boden gelangt. Fliesen mit matter Struktur oder Vinylböden mit rutschhemmender Beschichtung sind gute Optionen – sie sehen modern aus und sorgen zugleich für festen Stand.

Abgerundete Kanten:
Arbeitsplatten und Schrankkanten mit abgerundeten Ecken reduzieren das Verletzungsrisiko deutlich. Wer sich beim Kochen oder Aufräumen einmal stößt, trifft auf eine sanfte Fläche statt auf eine scharfe Kante – das kann im Alltag einen großen Unterschied machen.

sicherheit in der altersgerechten Küche

Sichere Elektrogeräte:
Achten Sie auf Geräte mit automatischer Abschaltung und Überhitzungsschutz. Induktionskochfelder erkennen, wenn kein Topf auf der Platte steht, und schalten sich selbstständig aus. Backöfen mit Teleskopauszügen oder Türdämpfung verhindern, dass heiße Bleche kippen oder Finger eingeklemmt werden. Sicherheit ist hier keine Frage des Alters, sondern der Vernunft.

Thermostat-Armaturen und Verbrühschutz:
Eine kleine, aber entscheidende Maßnahme: Begrenzen Sie die maximale Wassertemperatur an Spüle oder Armatur. So verhindern Sie, dass plötzlich kochend heißes Wasser austritt – ein Verbrühschutz, der gerade in hektischen Momenten den Unterschied machen kann.

Diese Maßnahmen sind keine Luxusausstattung. Sie schützen vor Stürzen, Schnittverletzungen und Verbrennungen – und geben Ihnen das gute Gefühl, Ihre Küche wirklich sicher zu nutzen. Oder anders gesagt: Jeder Euro, den Sie in Sicherheit investieren, zahlt sich im Alltag mehrfach aus.

Bewegungsfreiheit planen: Abstand zählt

Sie brauchen mehr als nur Bewegungsfreiheit: Sie brauchen Pufferzone. Sogar ohne Rollstuhl sollten Sie ausreichend Platz haben, um mit vollem Tablett zu laufen. Ein Durchgang zwischen Küchenzeilen oder zur Insel sollte mindestens ca. 90 cm breit sein. Manche Fachquellen empfehlen mehr – vor allem, wenn mit Gehhilfen oder Rollatoren geplant wird.

Wenn Sie für Barrierefreiheit planen, sind größere manövrierbare Flächen nötig – zum Beispiel 150×150 cm für Rollstuhlnutzung.

Merken Sie sich: Jede Reduzierung von Engstellen spart Ihnen Kraft und Nerven im Alltag.

Die Details machen den Unterschied

Nach all den Prinzipien kommt nun der spannende Teil: die konkrete Ausstattung. Hier sind die Komponenten, bei denen Sie besonders sorgfältig planen sollten:

1. Schränke & Stauraum

Unterschränke mit simplen Türen sind oft hinderlich. Der bessere Weg: Vollauszüge und Schubladen, die komplett herausziehen. Da sehen Sie den gesamten Inhalt und greifen bequem zu.

Für Oberschränke gibt es Systeme, bei denen Sie den Regalboden per Mechanik nach unten ziehen – elektrisch oder manuell. So erreichen Sie das hinterste Glas, ohne eine Leiter zu besteigen.

Apothekerschränke (schmal, hoch, ausziehbar) sind ideal für Vorräte. Mit einem Griff holen Sie alles vor – Sie sehen sofort, was drin ist.

2. Arbeitshöhe

Die optimale Höhe Ihrer Arbeitsfläche richtet sich nach Ihrem Körper und Ihrer bevorzugten Haltung. Ein häufig genutzter Ansatz: Die Höhe liegt rund 10–15 cm unter dem angewinkelten Ellenbogen.

Als Richtwerte gelten (nach gängiger Tabelle):

KörpergrößeArbeitsflächenhöhe
bis 155 cmca. 85 cm
160 cmca. 90 cm
170 cmca. 95 cm
180 cmca. 100 cm
über 195 cmbis 110 cm

3. Elektrogeräte

  • Hochgebauter Backofen / Geschirrspüler: Statt im Unterschrank montieren Sie Geräte in Mittelhohe – das schont Rücken beim Bücken.
  • Induktionskochfeld: Hier erhitzt sich nur der Topfboden – weniger Verbrennungsrisiko. Viele Ausführungen schalten sich ab, wenn kein Topf daraufsteht.
  • Teleskopauszüge im Ofen: Mit diesen ziehen Sie das Blech sanft heraus, auch wenn es schwer beladen ist.
  • Smartes Kochfeld / Herdwächter: Ein Aufsatz über dem Kochfeld misst Temperatur und Rauchentwicklung. Bei zu großer Hitze oder Inaktivität schaltet das System eigenständig ab.
  • Wassersensoren unter Spüle oder Spülmaschine erkennen Lecks und warnen früh – oft per Alarm oder App-Benachrichtigung.

4. Spüle & Armatur

Die Spüle ist Dauerbrenner im Alltag. Gute Planung hier zahlt sich aus:

  • Armatur mit langem Hebel: Ein großer, gut greifbarer Hebel lässt sich mit wenig Kraft bewegen.
  • Ausziehbare Brause: Damit lassen sich Töpfe besser füllen und Ecken im Spülbecken erreichen.
  • Thermostatsteuerung: Verhindert, dass heißes Wasser ohne Vorwarnung aus dem Hahn kommt.
  • Unterfahrbare Spülenbereiche: Wenn nötig, planen Sie die Fläche so, dass sie mit einem Rollstuhl oder Sitzplatz nutzbar ist.

5. Lighting & Sicht

Wer mit zunehmendem Alter arbeitet, braucht mehr Helligkeit, stärkere Kontraste und gleichmäßige Beleuchtung:

  • Montieren Sie LED-Leisten unter Oberschränken zur Ausleuchtung der Arbeitsflächen.
  • Ergänzen Sie eine Deckenleuchte, die blendfrei ist.
  • Nutzen Sie helle Farben für Fronten und Wände – sie reflektieren Licht und verbessern die Gesamthelligkeit.
  • Achten Sie auf variable Beleuchtung (z. B. dimmbar), damit Sie flexibel auf Tageszeit und Stimmung reagieren können.

6. Bodenbelag

Der Boden einer Küche steht täglich unter Belastung. Daher sollten Sie:

  • Einen rutschhemmenden Belag (mindestens R10) einsetzen.
  • Schwellen und Stufen vermeiden – fließende Übergänge reduzieren Stolperfallen.
  • Leichte Reinigbarkeit wählen – je weniger Aufwand, desto besser.

Smarte Helfer, die keiner missen möchte

Technik kann viel, solange sie sinnvoll eingesetzt wird:

  • Automatische Herdwächter: überwachen das Kochfeld und greifen ein, wenn etwas schiefgeht.
  • Wassersensoren: warnen bei austretendem Wasser unter Spüle oder Gerät.
  • Sprachgesteuerte Assistenten: Mit Alexa, Google oder Co. können Sie Timer setzen, Rezepte abrufen oder das Licht steuern – ganz ohne tippen.
  • Smarte Beleuchtung: Licht, das automatisch einschaltet, wenn Sie den Raum betreten, oder sich per Sprachbefehl regulieren lässt.

Diese Helfer sind keine Spielereien, sondern kleine Sicherheitsnetze, die den Alltag mildern.

Kosten & Fördermöglichkeiten im Blick

Ein groß angelegter Umbau kostet — aber nicht immer in voller Höhe von Ihnen. Wichtig: Förderanträge müssen vor Baubeginn gestellt werden!

Kostenbeispiele (orientierend):

  • Küchenzeile (Korpusse, Fronten, Basisarbeitsplatte): ca. 3.000 – 8.000 €
  • Elektrogeräte (Standard-Set): ca. 2.000 – 5.000 €
  • Hochgebaute Geräte: + 200 – 500 € pro Gerät
  • Komfortauszüge: + 500 – 1.500 €
  • Absenkbare Oberschränke: 1.000 – 3.500 € pro Schrank
  • Sicherheitstechnik (z. B. Herdwächter): 300 – 600 €
  • Montage, Anschluss & Umbauten: 1.000 – 3.000 € oder mehr
  • Komplettlösung: 8.000 – 25.000 €+

Diese Werte basieren auf branchenüblichen Richtwerten und Erfahrungswerten.

Förderung und Zuschüsse:

  • Pflegekasse: Bei anerkanntem Pflegegrad (1 bis 5) können Sie einen Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen in Höhe von bis zu 4.180 € pro Person erhalten. Wenn mehrere förderberechtigte Personen im Haushalt leben, kann sich der Betrag summieren.
  • KfW-Kredit (159 – „Altersgerecht Umbauen“)“: Die KfW vergibt zinsgünstige Kredite für solche Umbauten bis zu 50.000 €.

Tipp: Sie müssen unbedingt vor dem Umbau die Anträge einreichen und die Zusagen schriftlich vorliegen haben. Wenn Sie nach dem Umbau beantragen, riskieren Sie, leer auszugehen.

5 Schritte zur Ihrer altersgerechten Küche

Ob Sie neu planen oder sanieren – mit diesem Plan kommen Sie zielgerichtet ans Ziel:

  1. Bedarfsanalyse
    Begehen Sie Ihre aktuelle Küche, notieren Sie, was Ihnen heute auffällt: Was fehlt? Was ist mühsam? Was funktioniert gerade noch? Erstellen Sie eine Wunschliste für Ihre neue Küche und beziehen Sie alle Nutzer:innen mit ein.
  2. Budgetplanung
    Legen Sie eine klare Obergrenze fest. Nutzen Sie die Beispielkosten als Orientierung. Denken Sie an Reserve (10–15 %) für unvorhergesehene Arbeiten oder zusätzliche Wünsche.
  3. Fachberatung & Detailplanung
    Gehen Sie zu einem erfahrenen Küchenstudio. Bringen Sie Ihre Wunschliste, Ihren Budgetrahmen und am besten einen Grundriss mit. Arbeiten Sie eng mit dem Planer: Entscheiden Sie Front, Material, Technik, Ausstattung. Holen Sie einen verbindlichen Kostenvoranschlag ein.
  4. Fördermittel beantragen
    Reichen Sie vor Beginn schriftlich alle Unterlagen bei der Pflegekasse (und ggf. der KfW über Ihre Bank) ein. Warten Sie auf die Zusagen. Ohne Bewilligung kein Geld von außen.
  5. Auftrag erteilen & Umsetzen
    Erteilen Sie den Auftrag erst nach Förderbescheid. Koordinieren Sie Zeitplan und Handwerker. Führen Sie nach Abschluss eine Endabnahme mit Protokoll durch – prüfen Sie jede Schublade, jeden Schalter, jedes Gerät. Verlangen Sie Mängelbeseitigung fristgerecht, bevor Sie den letzten Teil zahlen.

Wenn Sie diese Schritte diszipliniert durchgehen, minimieren Sie Ärger, Überraschungen und Fehlentscheidungen.

Über den Autor

Schreibe einen Kommentar