Bauvorhaben in Eigentümergemeinschaften – was ist zu beachten?

Von Redaktion

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften ist das Thema Bauvorhaben ein häufig diskutierter Sachverhalt – und ebenfalls ein zuverlässiger Auslöser von Konflikten. Nicht selten greifen Eigentümer einfach so zum Pinsel oder zur Bohrmaschine. Das kann völlig ohne böse Absicht geschehen, denn nicht jeder weiß, was es mit Sonder- und Gemeinschaftseigentum auf sich hat. Gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche Eigentümer, die versuchen, die Liegenschaft möglichst nach ihren eigenen Wünschen umzugestalten.

Mehrfamilienhaus
Hat ein Gebäude mehrere Eigentümer, kommt es immer wieder zu Konflikten

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In letzter Zeit kamen zu der Vielzahl der Möglichkeiten der Bauvorhaben die Regeln die Neuerungen der WEG-Reform auf Verwalter und Eigentümer zu. Schließlich reichen Bauvorhaben von kleinen Ausbesserungen bis hin zu großen energetischen Modernisierungen mit KfW-Förderung. Zeit also, sich den Bauvorhaben in Eigentümergemeinschaften zu widmen und einen praxisnahen Überblick zu geben.

Bauvorhaben ohne Beschluss nach neuer Rechtslage?

Nein, so einfach auslegen kann man das neue Wohnungseigentümergesetz nicht, auch wenn viele Eigentümer dies so verstehen wollen. Plant man eine sogenannte bauliche Veränderung, bedarf es nach wie vor eines Beschlusses in der Eigentümerversammlung oder eines Umlaufbeschlusses. Nach der alten Rechtslage konnten einzelne Eigentümer sogar Rückbauansprüche geltend machen und eine Beseitigung der baulichen Veränderung verlangen.

Oft geschah dies, wenn neue Wohnungseigentümer in eine länger bestehende WEG gezogen sind oder beispielsweise übereifrigen Mitmenschen ausgesetzt waren, die in Eigenregie gleich auch den Außenanstrich erledigten. Aber auch nicht ganz klar formulierte Beschlüsse hinsichtlich etwa Material und Farbe zogen oft Rückbauansprüche nach sich.

Mit der WEG-Reform obliegt der Beseitigungsanspruch (§ 9 a Abs. 2 WEG) nun nicht mehr den einzelnen Eigentümern, sondern der Gemeinschaft. Das heißt, dass ein einzelner Eigentümer nicht mehr selbstständig gegen frei organisierte Bauvorhaben eines einzelnen vorgehen kann, sondern jetzt einen Anspruch gegen die Eigentümergemeinschaft auf Tätigwerden hat.

Für Verwalter bedeutet das vor allem lange Diskussionen in den Eigentümerversammlungen, um die neuen Regeln und Vorgehensweisen zu erläutern und Lösungen zu finden. Und: „Grundlegende Umgestaltungen“ können auch nicht einfach so durchgezogen werden. Da es in der Rechtsprechung aber noch Jahre dauern wird, was der nicht näher definierte Begriff „grundlegende Umgestaltung“ genau bedeutet und ausgelegt wird, bleibt dies zunächst ungeklärt.

Modernisierung beschließen – mit einfacher Mehrheit

Für Eigentümergemeinschaften, in denen sich viel ändern soll oder muss, ist die WEG-Reform dahingehend eine Erleichterung gewesen, dass für viele Umbaumaßnahmen keine Einstimmigkeit oder keine große Mehrheit mehr nötig sind: Modernisierungen können jetzt mit einfacher Mehrheit gemeinschaftlich beschlossen werden.

Gegen die Mehrheit, also allein von einzelnen Eigentümern, können Baumaßnahmen in den Bereichen Einbruchschutz, Barrierefreiheit, Elektromobilität und Internet durchgesetzt werden. Das „Ob“ ist folglich geklärt. Das „Wie“ hingegen, also beispielsweise die konkrete Ausgestaltung einer zu bauenden Rampe im Zuge eines barrierefreien Ausbaus, entscheiden die Eigentümer dann aber gemeinschaftlich. Es stimmen dazu dann auch all jene ab, die zuvor eine Gegenstimme abgegeben haben.

Das Für und Wider von Baumaßnahmen in Eigenregie

Auch wenn eine WEG Kosten sparen kann, ist das Umsetzen von Bauvorhaben in Eigenregie oft eine Gratwanderung. In kleinen oder in harmonischen Eigentümergemeinschaften kann das gut funktionieren, dass einzelne Eigentümer Kleinstarbeiten selbst in die Hand nehmen. Einsparungen sind so möglich. Handelt es sich aber um eine größere Liegenschaft und sind die Mitglieder untereinander zerstritten oder klagefreudig, ist von Bauvorhaben ohne Beschluss abzuraten.

Wer kümmert sich um den Rückbau, wenn ein Eigentümer verstirbt? Wer entsorgt die Materialien? Wer möchte weiterhin die Bauvorhaben instandsetzen und wie sieht es mit Garantien aus? Vor allem größere Veränderungen am Gemeinschaftseigentum werfen mitunter mehr Fragen als Antworten auf, und zwar für Verwalter wie Eigentümer gleichermaßen.

Die Kosten von Bauvorhaben – nicht ganz unkompliziert

Die neue Rechtsprechung bringt weitere Fragestellungen mit sich, was die Nutzung und die Kosten von den Bauvorhaben betrifft: Was passiert, wenn nur einige Eigentümer ein Vordach vor der Haustür wünschen oder einen Regenschutz für die Mülltonnen und alle Miteigentümer profitieren von den Maßnahmen? Wer mit einem Nein stimmt und eine derartige Annehmlichkeit mit nutzt, muss nicht zahlen.

Anders sieht es mit Treppenliften oder Aufzügen aus, bei denen man einfach einen Zugang mit Karte ermöglichen kann, aber wie sieht es mit einem gemeinschaftlichen Grillplatz aus? Daraus folgt, dass das taktische Beschließen und Abstimmen in Zukunft wichtiger wird: Die meisten Eigentümer werden nur dann einer Baumaßnahme zustimmen, wenn sich alle Miteigentümer gemeinschaftlich an den Kosten beteiligen.

Mit einem Doppelbeschluss hinsichtlich Bau und Kostenverteilung ist dies möglich: Zunächst stimmen die Wohnungseigentümer beispielsweise über die Errichtung des Vordachs – mit der Bedingung der Ja-Stimmer, dass im nachfolgenden Verteilungsbeschluss eine gemeinschaftliche Kostenbeteiligung erfolgt. Sollte dann kein einstimmiger Kostenverteilungsbeschluss erfolgen, fällt die Zustimmung zum Bau des Vordachs weg.

So kann man verhindern, dass Baumaßnahmen nur von einigen Beteiligten zu zahlen sind. Stehen große energetische Sanierungen an, ist ein Energieberater hinzuziehen. Momentan (Stand: Januar 2022) befinden sich einige der bisher geförderten Maßnahmen und deren Förderungsstopp in der Diskussion.

Neu im Januar 2022: Stopp der Förderung der energetischen Sanierung

Neben den zahlreichen Neuerungen des überarbeiteten Wohnungseigentümergesetzes überraschte das Bundeswirtschaftsministerium im Januar 2022 mit Aussagen zum Förderstopp der energetischen Sanierung. Bauvorhaben, die auf die energetische Sanierungen abzielen, sind in unklarer Lage. Dies bedeutet, dass Wohnungseigentümergemeinschaften, dank leerer Kassen und Antragsfluten, KfW-Förderungen vorläufig nicht erhalten.

Nicht betroffen vom plötzlichen Förderstopp sind hingegen die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) umgesetzten Einzelmaßnahmen, welche die Gebäudehülle, die Anlagentechnik und oder Heizungen berühren.  Dies betrifft bestehende Wohnungseigentümergemeinschaften eher. Einzelmaßnahmen, so etwa der Austausch von Außentüren und Fenstern oder der Einbau von Solarthermieanlagen, Heizungsoptimierungen oder Gas-Hybridanlagen, werden offenbar weiterhin genehmigt.

Baumaßnahmen in der WEG im Fazit: Nicht ohne Beschluss

Wer wirklich sicher gehen will, sollte vor der gewünschten oder nötigen Baumaßnahme einen entsprechenden Tagesordnungspunkt zeitig auf die Liste setzen lassen. Auf Verwalter kommt inhaltlich wie auch in der Diskussion mit den Eigentümern viel Arbeit auf. Bei Tätigkeiten einzelner Eigentümer in Eigenregie ist Vorsicht geboten, auch „wenn es schon immer so gemacht wurde“.

Bedenken Sie auch den Punkt der Gewährleistung, den Sie bei vertrauenswürdigen Handwerkern als WEG immer haben. Diese spielt, je nach Bauvorhaben, eine mitunter große Rolle. Umso wichtiger ist es, dass Ihr Verwalter über ein gutes Handwerkernetz verfügt und aufwendige Baumaßnahmen mit einem Architekten angeht.

Die bisherige Rechtsprechung weist Verwaltern die Rolle zu, Baumängel festzustellen und die Eigentümer über diese zu unterrichten. Zudem ist es wichtig, dass entsprechend dem Alter und Zustand des Gebäudes eine ausreichende Erhaltungsrücklage angespart wurde, um notwendige und wünschenswerte Baumaßnahmen zu finanzieren.

Autor: Lisa Bönemann
Auf Hausverwaltung-Ratgeber.de teilt Lisa Bönemann für Kaufinteressenten sowie für Eigentümern von Wohnungen hilfreiche Informationen rund um Verwaltung, Instandsetzung und Vermietung. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass das Thema Immobilienverwaltung vor und nach dem Kauf zu kurz kommt und entschloss sich mit ihrer jahrelangen WordPress-Erfahrung, ein entsprechendes Portal zu gründen.

Über den Autor

1 Gedanke zu „Bauvorhaben in Eigentümergemeinschaften – was ist zu beachten?“

  1. Ich habe eine Frage: Muss eine Eigentümergemeinschaft unsinnige Baumaßnahmen, die von einem Eigentümer vorgetragen und von allen beschlossen wurden, dulden? Kann nachträglich, z. B. durch Umlaufbeschluss gegen diese Maßnahme vorgegangen werden?
    Barbara Lichtwardt

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