Häuser aus Carbonbeton wie Lego zusammenstecken und wiederverwenden

Von Dominik Hochwarth

Ein Team der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt, wie einfach es sein kann, ein Haus zusammenzustecken und nach der Nutzung wieder zu zerlegen. In Winterthur haben sie ein Gebäude aus Carbonbeton-Platten gebaut, das sich leicht auf- und abbauen lässt.

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Von der ZHAW entwickelte Carbonbeton-Platten werden erstmals im Hochbau eingesetzt. Diese Innovation ermöglicht nicht nur erhebliche CO2- und Materialeinsparungen, sondern auch ein flexibles System mit wiederverwendbaren Bauteilen. (Foto: Katharina Bayer / ZHAW)

Kindheitstraum auf der Baustelle

Wie im Kinderzimmer könnten künftig Häuser auf Baustellen einfach zusammengesteckt werden. Das ZHAW-Team hat Carbonbeton-Platten entwickelt, die erstmals im Hochbau eingesetzt wurden. Diese Platten sind filigran und dennoch belastbar, und sie benötigen weniger Material, was den CO2-Ausstoß im Bausektor senkt.

„Unser Bausystem aus Carbonbeton funktioniert wie Lego, aber moderner, mit maßgeschneiderten Bauteilen“, erklärt ZHAW-Forscher Josef Kurath. In Winterthur bauten sie damit einen 120 m² großen Pavillon, der als Informations- und Veranstaltungsort für nachhaltiges Bauen dient.

Vorteile der Fertigbauweise

Die Bauteile werden in einer Fabrik vorgefertigt und auf der Baustelle schnell zusammengesteckt. Das spart Zeit und ist besonders für städtische Baustellen vorteilhaft. Auch Erweiterungsbauten lassen sich genau planen und vorbereiten. Der Rückbau erfordert wenig Aufwand: Die Betonplatten können für andere Bauwerke wiederverwendet werden.

Das neue Bausystem könnte 90 % des Materials wiederverwendbar machen. Herkömmliche Gebäude nutzen nur etwa 10 % des Betons erneut. Zement ist für 8 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich, daher zeigt dieses System großes Potenzial für den Klimaschutz.

Carbonfasern als nachhaltige Bewehrung

Carbonfasern sind langlebiger und umweltfreundlicher als Stahl. „Dank der neuen Leichtbauweise reduzieren wir den CO2-Fußabdruck um den Faktor zwei bis vier und sparen bis zu 75 % Material“, erklärt Kurath. Die CPC-Platten (Carbon Prestressed Concrete) kombinieren vorgespannte Carbonfasern mit Beton und sind dreimal dünner als herkömmliche Materialien.

Die CPC-Platten werden in einem Werk in Essen bei Oldenburg hergestellt. Die Carbonfasern produziert das ZHAW-Spin-off CPC in Döttingen, zukünftig mit biobasiertem Kohlenstoff. „Wir möchten die Platten auch in der Schweiz produzieren und das System im Hochbau einsetzen“, sagt Kurath.

Das Bausystem benötigt keine Kleber oder Stahlbauteile. Die weiteren Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Optimierung von Schall- und Brandschutz sowie erdbebensicheren Konstruktionen. „Die Deckenelemente sollen wie ein Reißverschluss ineinandergreifen und fast endlose Ebenen ermöglichen“, erläutert Kurath.

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