In Europa prägen sie das Erscheinungsbild vieler Häuser: Steildächer mit sichtbar oder unsichtbar verbauten Dachstühlen aus Holz. Doch hinter dem Begriff „Dachstuhl“ steckt mehr als nur Balken und Sparren – es handelt sich um eine ausgeklügelte Holzkonstruktion, die zahlreiche Funktionen übernimmt. Ob Wärmeschutz, Lastabtragung oder Gestaltungsspielraum im Dachgeschoss: Der Dachstuhl gehört zu den wichtigsten tragenden Bauteilen eines Hauses.

Das erwartet Sie in diesem Beitrag
- Was ist ein Dachstuhl?
- Welche Holzarten werden für Dachstühle verwendet?
- Aufbau eines Dachstuhls – die wichtigsten Bauteile
- Die bekanntesten Dachstuhlarten
- Wie wird der Dachstuhl mit dem Haus verbunden?
- Richtfest – ein alter Brauch mit tiefer Bedeutung
- Moderne Alternativen: Stahl oder Beton?
- Fazit: Dachstühle – Tragwerke mit Tradition und Technik
Was ist ein Dachstuhl?
Der Begriff „Dachstuhl“ leitet sich vom althochdeutschen „stuol“ ab und bedeutet so viel wie „Gestell“. Gemeint ist die gesamte tragende Holzkonstruktion unterhalb der Dacheindeckung. Sie besteht aus mehreren Schichten, in der Regel aus Sparren, Pfetten, Stielen, Schwellen und Aussteifungen. Ziel ist es, alle auf das Dach einwirkenden Lasten – also Eigengewicht, Schnee, Winddruck und gegebenenfalls Solaranlagen – zuverlässig in die tragenden Wände abzuleiten.
Ein professionell geplanter und gebauter Dachstuhl erfüllt nicht nur diese technische Funktion, sondern trägt auch zur Energieeffizienz und zur Raumgestaltung bei.
Welche Holzarten werden für Dachstühle verwendet?
Für Dachstühle kommt hauptsächlich Nadelholz zum Einsatz – insbesondere Fichte, Tanne und Kiefer. Diese Hölzer sind nicht nur leicht, sondern auch druck- und biegefest. Für spezielle Anforderungen – etwa bei sichtbarer Holzbalkenlage – können auch hochwertigere Holzarten wie Lärche oder Douglasie gewählt werden.
Aufbau eines Dachstuhls – die wichtigsten Bauteile
Ein Dachstuhl besteht aus einem Gefüge aus Balken, das nach bestimmten Regeln aufgebaut ist. Diese Bauteile kommen typischerweise vor:
- Sparren: Schräge Balken, die das Dach tragen und mit der Dachhaut abschließen.
- Pfetten: Waagrechte Träger, auf denen die Sparren aufliegen.
- Stiele (Pfosten): Vertikale Hölzer, die die Pfetten stützen.
- Schwellen: Verbindungselemente zwischen Wand und Stiel, die die Last verteilen.
- Kehlbalken: Querbalken zwischen Sparren, die das System stabilisieren.
- Windrispenband: Diagonale Aussteifung, die das Dach gegen Windlasten schützt.
All diese Teile greifen wie ein Uhrwerk ineinander und sorgen für eine langlebige Konstruktion – vorausgesetzt, die statischen Grundlagen wurden beachtet.
Die bekanntesten Dachstuhlarten
Je nach Bauvorhaben und statischen Anforderungen kommen unterschiedliche Dachkonstruktionen infrage. Jede Variante bringt eigene Vorteile und Herausforderungen mit sich.

Pfettendach – Klassiker mit hoher Flexibilität
Das Pfettendach zählt zu den am häufigsten realisierten Dachstühlen im Wohnungsbau. Dabei werden die Sparren auf waagerechte Pfetten gelegt, die wiederum von senkrechten Stützen getragen werden. Diese Bauweise ist besonders bei größeren Dachflächen oder komplexeren Grundrissen von Vorteil.
Vorteile:
- Große Gestaltungsfreiheit bei Gauben und Dachfenstern
- Auch für Pultdächer oder Walmdächer geeignet
- Reparaturen sind vergleichsweise einfach

Nachteil:
- Stützen im Dachraum können die Nutzung einschränken
Die Spannweite entscheidet über die Konstruktion:
- Bis ca. 10 m: einfach stehender Stuhl
- Bis ca. 14 m: zweifach stehender Stuhl mit Mittelpfette
- Über 14 m: dreifach stehender Stuhl mit zusätzlicher Unterstützung

Sparrendach – freier Dachraum ohne Stützen
Das Sparrendach punktet vor allem durch seinen komplett stützenfreien Dachraum. Es beruht auf einem statisch wirksamen Dreieck: Zwei gegeneinander geneigte Sparren treffen sich am First, die Unterkante liegt auf dem Drempel oder der Decke auf.
Vorteile:
- Kein störender Stiel im Innenraum
- Ideal für ausbaufähige Dachgeschosse
Nachteile:
- Eingeschränkte Möglichkeit für Gauben oder Dachfenster
- Nur bei rechteckigen Grundrissen ideal
- Dachneigung muss mind. 20 Grad betragen
Besonders bei kleineren Gebäuden mit klarer Geometrie ist das Sparrendach die erste Wahl.

Kehlbalkendach – stabil und raumeffizient
Das Kehlbalkendach stellt eine Weiterentwicklung des Sparrendachs dar. Die sogenannte Kehlbalkenlage, ein horizontaler Querbalken in etwa Raumhöhe, verbindet die Sparren und sorgt für zusätzliche Stabilität.
Vorteile:
- Ermöglicht größere Spannweiten (bis 14 m)
- Geringerer Holzverbrauch bei gleicher Stabilität
- Freie Gestaltung des Dachraums möglich
Das Kehlbalkendach wird daher gern bei Wohnhäusern eingesetzt, bei denen Raumhöhe und offenes Wohnen im Dachgeschoss gefragt sind.
Wie wird der Dachstuhl mit dem Haus verbunden?
Ein Dachstuhl ist keine freischwebende Konstruktion – er muss fest mit dem Gebäude verbunden sein. Die Schwellen oder Pfetten werden mit Ankerschrauben, Stahlwinkeln oder Blechlaschen im Mauerwerk verankert. Um Windsogkräfte abzuleiten, kommen zudem sogenannte Windrispenbänder zum Einsatz, die diagonal über das Dach gespannt werden. Auch Längsaussteifungen zwischen den Sparren sorgen dafür, dass sich der Dachstuhl nicht verschiebt oder verwindet.
Richtfest – ein alter Brauch mit tiefer Bedeutung
Ein Dachstuhl ist nicht nur ein statisches Element – er markiert auch einen wichtigen Meilenstein beim Hausbau. Ist der Dachstuhl errichtet, folgt traditionell das Richtfest. Mit Richtkranz und zünftiger Ansprache bedanken sich Bauherr:innen bei den Zimmerleuten und Handwerker:innen für ihre Arbeit. Der Spruch auf dem Firstbalken symbolisiert Schutz und Glück für das entstehende Haus.
Moderne Alternativen: Stahl oder Beton?
Auch wenn der klassische Dachstuhl meist aus Holz gefertigt ist, gibt es Alternativen:
- Stahldachstühle: Vor allem im Industrie- oder Hallenbau verbreitet, da sie große Spannweiten ohne viele Stützen überbrücken.
- Betondachstühle: Werden zunehmend im Fertigbau oder bei Flachdächern eingesetzt. Sie sind wartungsarm, aber schwer und weniger flexibel.
Trotzdem bleibt Holz dank seiner guten Tragfähigkeit, Nachhaltigkeit und leichten Bearbeitbarkeit der Standard bei Wohngebäuden.
Fazit: Dachstühle – Tragwerke mit Tradition und Technik
Ein Dachstuhl ist mehr als nur ein Bauteil – er verbindet Statik, Handwerkskunst und Gestaltungsfreiheit. Ob Pfettendach, Sparrendach oder Kehlbalkendach: Jede Konstruktion hat ihre spezifischen Vorteile. Welche die passende ist, hängt vom Grundriss, der geplanten Nutzung und den ästhetischen Vorstellungen ab. Wer sich frühzeitig mit dem Aufbau und den Möglichkeiten eines Dachstuhls beschäftigt, schafft die ideale Grundlage für ein langlebiges und funktionales Dach über dem Kopf.
1 Gedanke zu „Dachstühle im Vergleich: Pfettendach, Sparrendach, Kehlbalkendach erklärt“