Kann ich mein Bad selbst sanieren? Der Praxischeck

Von Dominik Hochwarth

Ein Blick ins Badezimmer offenbart das ganze Drama. Die Fliesen wirken müde. Die Armaturen tropfen. Die Dusche erinnert an die 90er. Und irgendwo auf YouTube erklärt jemand in sechs Minuten, wie eine komplette Badsanierung „eigentlich ganz einfach“ funktioniert.

Das klingt verlockend, vor allem wenn Sie die Kosten kennen: Zwischen 6.000 € und 15.000 € für ein Standardbad. In größeren Bädern schnell 20.000 € bis 40.000 €. Da erscheint der Gedanke logisch: Warum nicht selbst sanieren und die Hälfte sparen?

Ich habe 10 Jahre für einen großen Bad-Onlineshop gearbeitet, bei dem viele Laien eingekauft haben, um ihr Badezimmer selbst zu renovieren oder sanieren. Dabei konnte ich viele Erfahrungen sammeln, was alles schief gehen kann und warum.

Badezimmer sanieren
Badsanierung selbst in Angriff nehmen? Wir machen den großen Praxischeck

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Blick auf die Realität

Bad sanieren mit Hilfe von Youtube-Videos? Die Realität sieht anders aus. Eine Badsanierung ist kein IKEA-Regal. Sie vereint auf engstem Raum vier Gewerke, die jeweils ihre eigenen Regeln und Risiken haben:
Sanitär, Elektro, Abdichtung und Fliesen. Kurz gesagt:  Das Bad ist eine hochkomplexe Angelegenheit.
Bevor Sie also Hammer und Akkuschrauber zücken, lohnt ein realistischer Blick auf Aufwand, Risiken und jene Bereiche, in denen Sie tatsächlich selbst anpacken können, ohne Ihr Haus oder Ihren Versicherungsschutz zu gefährden.

Schnelle Antwort vorweg

Sie können als Laie ein Badezimmer teilweise selbst sanieren. Aber ein vollständiger Eigenbau ist technisch, rechtlich und finanziell hochriskant.

Die beste Strategie: Hybrid-Modell → Sie machen die unkritischen Arbeiten, Profis übernehmen alle sicherheitsrelevanten Bereiche.

Warum – das klären wir jetzt im Detail.

Die große Kostenillusion: Warum DIY beim Bad oft teurer wird

Viele starten mit dem Ziel, Geld zu sparen. Verständlich. Handwerker kosten Geld. Ein Abriss: 45–70 €/m². Stundenlöhne liegen oft bei 60–90 €.

Doch das Sparpotenzial durch Eigenleistung täuscht. Denn die größten Kosten entstehen nicht beim Bauschutt, sondern bei Schäden, die erst Jahre später auftauchen.

Ein falsch gesetzter Wanddurchbruch? Ärgerlich.
Ein falsch angeschlossener Wasseranschluss? Eine Katastrophe.

Die häufigsten Folgeschäden:

  • verdeckte Wasserschäden
  • Schimmel in Innenwänden
  • durchfeuchteter Estrich
  • aufgeweichte Decken beim Nachbarn

Ein durchschnittlicher Leitungswasserschaden kostet 1.000–5.000 €, Trocknung und Wandöffnung nicht eingerechnet.

Und das Härteste: Wenn der Schaden auf DIY zurückzuführen ist, verliert man den Versicherungsschutz.

Was Badversicherungen im Ernstfall prüfen

Versicherungen fragen im Schadensfall:

  • Wurden VDE-, DVGW- und DIN-Normen eingehalten?
  • Gab es Eingriffe in Trinkwasseranlagen durch nicht berechtigte Personen?
  • Sind Spuren von Eigenleistung erkennbar?
  • Liegt grobe Fahrlässigkeit vor?

Wichtig: Bei DIY-Sanitär- oder Elektroarbeiten droht Leistungsverweigerung.

Warum Elektroarbeiten im Bad für Laien tabu sind

Das Bad ist ein Feuchtraum. Strom + Wasser = schlechteste aller Kombinationen.

Die VDE-Normen definieren drei Schutzbereiche rund um Dusche und Wanne. Je kleiner die Bereichsnummer, desto strenger die Vorgaben.

Beispiel: Im Bereich 1 (über der Dusche) sind nur Geräte mit Schutzart IPX5 erlaubt.
Steckdosen? Verboten.
Kabel? Stark reglementiert.

Das liegt nicht am Arbeitsschutz – es geht um Brandschutz und Lebensgefahr.

Das bedeutet für Sie:

  • Leitungen neu legen → verboten
  • Steckdosen versetzen → verboten
  • Lichtleitungen verändern → verboten

Sie dürfen theoretisch Leuchten tauschen oder eine Abdeckung wechseln. Das war’s.

Sanitärinstallation: Druck, Dichtheit und viel mehr als Rohre

Beim Wasser wird es nicht weniger heikel. Moderne Installationen sind präzise Systeme aus Pressverbindungen, abdichtenden Ebenen und hygienischen Vorgaben. Die DVGW-Regeln sind hier der Maßstab.

Kurz gesagt: Die Trinkwasserinstallation ist ein geschlossener hygienischer Raum. Ein Fehler zerstört das ganze System.

Was heißt das konkret?

  • Sie dürfen Armaturen wechseln.
  • Sie dürfen auch Sichtteile anbringen.
  • Aber Wasserleitungen verlegen oder anschließen? → riskant und oft fachbetriebspflichtig.
  • Unterputzarmaturen einbauen? → nur mit Erfahrung, sonst großer Schaden.

Schon ein kleiner Druckfehler oder eine unsaubere Verpressung kann monatelang unbemerkt Wasser freisetzen – in Wand, Boden, Estrich.

Der König der Risiken: Abdichtung nach DIN 18534

Wenn es in deutschen Bädern ein Thema gibt, das Profis nervös macht, dann die Abdichtung.

Warum?
Weil sie unsichtbar ist. Und weil sie jeder unterschätzt.

Die DIN 18534 definiert Wassereinwirkungsklassen. Zwei davon sind im Bad entscheidend:

WassereinwirkungBedeutungBeispiele
W1-Imäßige EinwirkungBereiche über Badewannen
W2-Ihohe Einwirkungbodengleiche Duschen, Duschzonen

Gerade W2-I ist der Bereich, in dem Laien am häufigsten scheitern.

Die Norm verlangt:

  • 2-lagige Verbundabdichtung
  • definierte Mindestschichtdicken
  • Dichtbänder in allen Ecken
  • Manschetten an jeder Leitung
  • genau definierte Trocknungszeiten
  • 5 cm Abdichtung an Bodenrändern hoch
  • mindestens 20 cm Abdichtung über jeder Wasserentnahmestelle

Klingt einfach?
Ist es nicht.

Die häufigsten Laienfehler:

  1. Dichtbänder vergessen – ein Klassiker
  2. Zu dünn aufgetragene Schichten
  3. Falsche Grundierung
  4. Trocknungszeiten missachtet
  5. Gefälle falsch gebaut

Die Zahlen lügen nicht: 90 % der Wasserschäden in Bädern entstehen nicht durch defekte Leitungen, sondern durch fehlerhafte Abdichtung.

Damit ist eigentlich alles gesagt.

Was Sie wirklich selbst machen können – und was nicht

Eigenleistung: sinnvoll

  • Abriss und Entkernung
  • Entfernen alter Fliesen
  • Entsorgung
  • Grundreinigung
  • Malerarbeiten
  • Einbau von Badmöbeln und sichtbaren Teilen
  • Silikonfugen (mit Übung)
  • Lampen montieren (ohne Eingriff in Leitungen)

Eigenleistung: möglich, aber anspruchsvoll

  • Fliesenlegen
  • Untergrundvorbereitung
  • Estrich-Ausgleich
  • Abdichtung (nur mit Erfahrung!)

Eigenleistung: tabu

  • alle Elektroinstallationen
  • Verlegen neuer Wasserleitungen
  • Unterputzarmaturen anschließen
  • Duschabläufe setzen
  • Eingriffe in Abwassersysteme

Was darf ich als Laie – was nicht?

ArbeitDarf ich das?RisikoEmpfehlung
AbrissJageringmachen
Wand verputzenJamittelmöglich
AbdichtungJa, aber schwierigsehr hochnur mit Erfahrung
FliesenJahochmöglich, wenn geübt
ElektroarbeitenNeinextrem hochProfi
Wasserleitungenstark eingeschränktextrem hochProfi
Unterputzarmaturtheoretisch jaextrem hochProfi
Duschablauf setzenja, aber sehr anspruchsvollextrem hochProfi

Typische Denkfehler bei DIY-Sanierungen

1. „Ich lasse die komplizierten Stellen vom Profi machen.“

Das funktioniert selten.
Warum?
Weil Handwerker ungern in Eigenleistungen eingreifen, da sie sonst Gewährleistung übernehmen müssten. Viele lehnen solche Teilaufträge grundsätzlich ab.

2. „Ich spare durch Eigenleistung die Hälfte der Kosten.“

Tatsächlich sparen Sie meist 10–20 % – wenn überhaupt.
Denn:

  • Werkzeugkosten kommen hinzu
  • Materialfehler bedeuten zweimal kaufen
  • Fehler erzeugen hohe Folgekosten
  • Profis müssen später korrigieren

3. „Ich habe ja gute YouTube-Videos gefunden.“

YouTube erklärt Ihnen den Handgriff.
Es ersetzt aber nicht:

  • Normen
  • Verantwortung
  • Haftung
  • Erfahrungswissen über versteckte Probleme

Die Hybrid-Strategie: So machen es erfahrene Hausbesitzer

Wer sein Bad sinnvoll modernisieren will, wählt die Mischung aus:

  1. Sie übernehmen:
    Abriss, Entkernung, kosmetische Arbeiten, Möbelmontage.
  2. Der Profi übernimmt:
    Elektroinstallation, Sanitärinstallation, Abdichtung, komplexe Fliesenarbeiten.

Diese Methode senkt Kosten, minimiert Risiken und erhält den Versicherungsschutz.

Ein kleines Praxisbeispiel

Ein Leser erzählte mir einmal von seiner Badsanierung.
Er war kein Heimwerker-Neuling. Werkzeugfanatiker. Gutes Gefühl für Technik.

Er sagte:
„Ich dachte, das kriege ich hin. Es sind ja nur Fliesen.“

Er machte fast alles selbst.
Drei Jahre später kam ein gelblicher Fleck an der Wohnzimmerdecke des Erdgeschosses zum Vorschein.
Die Ursache: eine schlecht abgedichtete Leitungsmanschette im Bad darüber.

Kosten: über 6.000 €.

Sein Fazit:
„Das teuerste im Bad ist nicht das Material – es sind Fehler.“

Materialqualität: Der unterschätzte Faktor

Ein Punkt, den viele übersehen:
Baumärkte haben solide Produkte, aber nicht immer dieselbe Qualität wie das Fachhandwerk.

Eine SHK-Umfrage zeigte:

  • 60 % der Fachkräfte erhielten schon fehlerhafte Produkte
  • über 50 % der Mängel betreffen Armaturen und Keramik

Wenn Sie selbst montieren, tragen Sie jedes Risiko.

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