Baualtersklassen: Die wichtigsten Infos und Tipps

Von Dominik Hochwarth

Baualtersklassen sind entscheidendes Element im Bereich der Immobilienbewertung, Mietpreisfestlegung und Sanierungsplanung. Von der präzisen Einordnung von Gebäuden in die richtigen Altersklassen über die daraus resultierenden Implikationen für Mieten und Immobilienwerte bis hin zu praxisnahen Tipps für Mieter, Vermieter und Immobilienprofis – dieser Ratgeber bietet wertvolle Einblicke und praktische Hilfestellungen.

Altbau mit Gerüst
Die Baualtersklassen können dabei helfen, einen Sanierungsbedarf festzustellen

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Grundsätzliches zu den Baualtersklassen

Wenn es um die Sanierung oder Vermietung von Bestandsgebäuden geht, spielt die Baualtersklasse eine wichtige Rolle. Sie gibt Auskunft darüber, welche Maßnahmen beim Sanieren üblicherweise notwendig werden. Wände oder Decken haben je nach Baualter einen bestimmten U-Wert.

Außerdem hat das Alter des Gebäudes einen Einfluss auf die Höhe der Mieter. Vermietern liegt daher viel daran, in eine „bessere“ Baualtersklasse aufzusteigen, um eine höhere Miete verlangen zu können. Doch dafür müssen verschiedenste Maßnahmen ergriffen werden, wie regelmäßig vor Gericht entschieden wird.

Baualtersklasse gibt Auskunft über Sanierungsbedarf

Ein historisches Gebäude spiegelt stets den Geist seiner Entstehungszeit wider. Daher ist es möglich, charakteristische Baustile und Konstruktionsweisen dieser Epoche zu erfassen, was in der Folge die Erstellung einer Liste gängiger Bauweisen ermöglicht. In der Fachwelt ist es üblich, Gebäude nach sogenannten Baualtersklassen zu kategorisieren.

Diese Klassifikation bietet einen erheblichen Mehrwert, um den zukünftigen Sanierungsbedarf abschätzen und potenzielle Herausforderungen bei der Realisierung individueller Wohnwünsche identifizieren zu können. Zudem ermöglicht sie eine ergänzende Bewertung der Energieeffizienz des Gebäudes.

Bei dieser Einteilung werden sowohl die Bauzeit als auch der Gebäudetyp berücksichtigt. Es sollte klar sein, dass ein Einfamilienhaus (EFH) anderen Anforderungen unterliegt als ein Mehrfamilienhaus (MFH), ein großes Mehrfamilienhaus (GMH) oder gar ein Hochhaus (HH).

Bis in die 1940er Jahre hinein sind Bauqualität, Konstruktionsmethoden und verwendete Materialien weitgehend klar definiert und eindeutig zuzuordnen. Ab den 1950er Jahren jedoch beginnen sich diese Aspekte allmählich aufzufächern. Insbesondere im Bereich der Bautechniken entsteht eine Vielfalt an Konstruktionen und Qualitäten, die eine präzise Vorabzuordnung erschwert. In solchen Fällen ist eine besonders detaillierte Untersuchung für den Kauf oder die Planung von Sanierungsmaßnahmen unerlässlich.

Die Baualtersklassen von I bis VII bieten eine solide Basis für die Bewertung von Wohngebäuden und untergliedern sich wie folgt:

  • Baualtersklasse I: bis 1918
  • Baualtersklasse II: 1919 bis 1948
  • Baualtersklasse III: 1949 bis 1957
  • Baualtersklasse IV: 1958 bis 1968
  • Baualtersklasse V: 1969 bis 1978
  • Baualtersklasse VI: 1979 bis 1983
  • Baualtersklasse VII: 1984 bis heute

Diese Klassifizierung ermöglicht eine differenzierte Beurteilung der Nutzungskosten im Hochbau und trägt somit zu einer fundierten Einschätzung des Gebäudezustands bei. Wenn es um mögliche sinnvolle Sanierungsmaßnahmen geht, kann auch ein Sanierungsrechner eine erste Orientierung bieten.

U-Werte von Wänden je nach Baualter

Gebäude einer bestimmten Baualtersklasse weisen charakteristische Merkmale auf, die es ermöglichen, bereits im Vorfeld Rückschlüsse auf deren Zustand und die bei einer Sanierung eventuell auftretenden Anforderungen und Herausforderungen zu ziehen. Hierbei können auch typische Mängel identifiziert und entsprechende Ansatzpunkte für Sanierungsmaßnahmen ermittelt werden.

Ein erster Indikator für die energetische Qualität eines Gebäudes ist die Bauweise der Wände. Der sogenannte U-Wert, ein Maß für den Wärmedurchgang durch die Wand, spielt dabei eine entscheidende Rolle. Ein höherer U-Wert deutet auf einen größeren Wärmeverlust durch die Wände des Hauses hin, was eine schlechte Energieeffizienz bedeutet und auf einen Sanierungsbedarf hindeutet.

In der folgenden Tabelle sind die typischen Wandbauarten und die zugehörigen U-Werte für verschiedene Baualtersklassen und Gebäudetypen aufgeführt:

Baualtersklassen und BauartTypisches VorkommenPauschal-U-Wert in W/(m²·K)
Bis 1918: Mauerwerk, Ziegel- oder Bruchsteinmauerwerk ca. 40 cmEFH, MFH2,2*
Bis 1918: Fachwerk, Holzfachwerk; mit LehmausfachungEFH, MFH2,0*
1880-1948: Mauerwerk, Ziegelmauerwerk; 25-38 cmEFH, MFH, GMH/HH1,7*
1880-1948: Mauerwerk verbessert, Ziegelmauerwerk; 38-51 cm oder zweischaligEFH, MFH1,4*
1949-1968: Leichtes Mauerwerk, Hohlblocksteine, Gitterziegel, PorenbetonEFH, MFH1,4*
1949-1968: BimsvollsteineEFH, MFH0,9
1969-1978: Leichtes Mauerwerk, Porenziegel; mit NormalmörtelEFH, MFH1,0
1969-1978: Betonfertigteile, Dreischicht- oder LeichtbetonplattenGMH/HH1,1
1969-1978: Fertighaus Holzbauweise, Holzständerwand mit 6 cm DämmungEFH0,6
1979-1983: Leichtes Mauerwerk, Leicht-Hochlochziegel mit isol. MörtelEFH, MFH0,6
1979-1983: PorenbetonEFH, MFH0,6
1979-1983: Betonfertigteile, Dreischicht- oder LeichtbetonplattenGMH/HH0,6
1979-1983: Fertighaus Holzbauweise, Holzständerwand mit 8 cm DämmungEFH0,6
1984-1994: Standard, Leicht-Hochlochziegel mit isol. MörtelEFH, MFH0,6
1984-1994: PorenbetonEFH0,5

*Bei nachträglicher Anbringung von mindestens 2 cm dicken Dämmplatten oder mindestens 4 cm dickem Dämmputz kann ein Pauschal-U-Wert von 1,0 W/(m²·K) angenommen werden.

(Quelle: IWU, 2007)

Insbesondere Massivbauten weisen in der Regel eine schlechte Energieeffizienz auf, obwohl diese Bauweise bis in die 90er Jahre hinein als Standard galt. Erst ab den 1970er Jahren kommen vereinzelt Leichtbaukonstruktionen bei Wänden zum Einsatz.

Um die energetische Qualität eines Gebäudes zu beurteilen, ist es daher entscheidend zu überprüfen, ob eine Innen- oder Außendämmung vorhanden ist und wann diese installiert wurde. Da Sanierungsmaßnahmen in der Regel nicht mehr als ca. 50 Jahre zurückliegen sollten, könnten in diesem Zusammenhang auch Unterlagen seitens des Verkäufers hilfreich sein.

Abschließend ist zu erwähnen, dass für unterschiedliche Bauteile spezifische U-Werte durch Energiestandards vorgegeben sind, was bei der Planung von Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden sollte, um die eigenen Ziele präzise definieren zu können.

U-Werte von Decken je nach Baualter

Die Konstruktion von Decken und Dächern ist ebenso wie bei den Wänden charakteristisch für bestimmte Baualtersklassen.

Für die obersten Geschossdecken, Kehlbalkendecken gegen unbeheizte Dachräume sowie Flachdächer gestaltet sich dies wie folgt:

Baualtersklassen und BauartTypisches VorkommenPauschal-U-Wert in W/(m²·K)
Bis 1948: Standard, Betondecke, Rippendecke, StahlsteindeckeEFH, MFH, GMH/HH2,1*
Bis 1948: HolzbalkendeckeEFH, MFH0,8
1969-1978: Oberste Geschossdecke, Betondecke mit 5 cm Dämmung obenEFH, MFH, GMH/HH0,6
1969-1978: Flachdach, Betondecke mit 6 cm Dämmung obenEFH, MFH, GMH/HH0,5
1969-1978: Fertighaus Holzbauweise, Holzbalkendecke mit 4 cm DämmungEFH0,8
1979-1983 (1. WSchV): Oberste Geschossdecke, Betondecke mit 8 cm Dämmung obenEFH, MFH0,5
1979-1983 (1. WSchV): Flachdach, Betondecke mit 8 cm Dämmung und DachhautMFH, GMH/HH0,5
1979-1983 (1. WSchV): Fertighaus Holzbauweise, Holzbalkendecke mit 8 cm DämmungEFH0,5
1984-1994 (2. WSchV): Oberste Geschossdecke, Betondecke mit 12 cm Dämmung obenEFH, MFH, GMH/HH0,3
1984-1994 (2. WSchV): Fertighaus Holzbauweise, Holzbalkendecke mit 12 cm DämmungEFH0,3

Für Dachschrägen beheizter Dachgeschosse ergibt sich das folgende Bild:

Baualtersklassen und BauartTypisches VorkommenPauschal-U-Wert in W/(m²·K)
1880-1948: Standard, Putz auf Schilfmatte oder SpalierlattenEFH, MFH2,6*
1880-1948: Lehmschlag, Strohlehmwickel zwischen den SparrenEFH, MFH1,3*
1948-1978: Standard, 3,5 cm verputzte HolzfaserplattenEFH, MFH1,4*
1948-1978: Bimsvollsteine, Zwischensparrendämmung nicht möglichEFH, MFH1,4*
1948-1978: Geringe Dämmung, 5 cm Dämmung zwischen den SparrenEFH, MFH, GMH/HH0,8
1979-1983 (1. WSchV): Standard, 8 cm Dämmung zwischen den SparrenEFH, MFH0,5
1984-1994 (2. WSchV): Standard, 12 cm Dämmung zwischen den SparrenEFH, MFH0,4

*Bei nachträglicher Anbringung von mindestens 2 cm dicker Dämmung kann ein Pauschal-U-Wert von 1,0 W/(m²·K) angenommen werden.

(Quelle: IWU, 2007)

Diese Übersicht erleichtert es, bereits im Vorfeld einer Sanierung eine Einschätzung der vorhandenen Dämmeigenschaften zu treffen und entsprechende Maßnahmen zu planen. Insbesondere bei älteren Gebäuden ist oft eine nachträgliche Verbesserung der Wärmedämmung notwendig, um den heutigen Anforderungen an die Energieeffizienz gerecht zu werden.

Dachkonstruktion der Baualtersklassen

Die Dachstrukturen unterschiedlicher Baualtersklassen weisen charakteristische Merkmale auf:

Bei Flachdächern ist typischerweise eine Betonflachdecke vorzufinden. Bei Steildächern hingegen stehen verschiedene Holzkonstruktionen zur Auswahl, darunter Pfettendächer sowie Sparren- und Kehlbalkendächer.

Seit dem 19. Jahrhundert dominiert das Pfettendach als vorherrschende Konstruktionsform für Steildächer über alle Baualtersklassen hinweg, wie Prehl (2001) feststellte. Ab dem Jahr 1940 erlebten das Sparren- und insbesondere das Kehlbalkendach jedoch eine Renaissance. Dies spiegelt sich besonders im Wohnungsbau der Nachkriegszeit in Deutschland wider, in dem zahlreiche Einfamilienhäuser mit Kehlbalkendächern errichtet wurden. Diese Bauweise eignete sich vor allem für Gebäude mit geringeren Tiefen von 7 bis 8 Metern und einer Dachneigung von über 30° und prägte somit maßgeblich die Architektur der 1950er Jahre im Wohnungsbau.

Baualtersklassen bei Mietwohnungen

Der Mietspiegel stellt einen wesentlichen Bezugspunkt dar, wenn es um die Festlegung von Mieten und mögliche Mieterhöhungen geht. Dabei spielt das Baualter des betreffenden Gebäudes eine entscheidende Rolle, da es direkt die ortsübliche Vergleichsmiete beeinflusst, wie in § 558 Abs. 2 BGB festgelegt. Für Mieterhöhungen ist also das Errichtungsdatum von Haus oder Wohnung ausschlaggebend.

Die Frage, ob eine Wohnung nach umfangreichen Modernisierungs- oder Sanierungsmaßnahmen als Neubau oder weiterhin als Altbau klassifiziert wird, hat ebenfalls Einfluss auf die Einordnung in Baualtersklassen. Diese Thematik führt regelmäßig zu Auseinandersetzungen zwischen Mietern und Vermietern, insbesondere wenn eine Mieterhöhung ansteht. Solche Streitigkeiten landen oft vor Gericht:

  • In einem Berliner Fall urteilte das Landgericht, dass einfache Modernisierungsmaßnahmen nicht ausreichen, um eine Wohnung in eine jüngere Baualtersklasse einzuordnen. Die Wohnung muss durch die Modernisierung den bautechnischen Standard einer Neubauwohnung erreichen. Der Vermieter hatte versucht, eine Mieterhöhung durchzusetzen, indem er argumentierte, die Wohnung sei nun jünger zu klassifizieren. Das Gericht sah das jedoch anders.
  • In Potsdam hingegen entschied das Landgericht, dass eine umfassende Kernsanierung, die Neubaukosten verursacht, eine Einstufung in eine jüngere Baualtersklasse rechtfertigt. Der Vermieter muss jedoch die Gründe dafür transparent machen, damit der Mieter die Mieterhöhung überprüfen kann.
  • Eine weitere Situation ergab sich in Mönchengladbach-Rheydt, wo ein Gebäude aus dem Jahr 1928 im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und erst 1949 wieder bezugsfertig war. Das Gericht entschied, dass das Gebäude der Baualtersklasse 1949 bis 1962 zuzuordnen ist, und die Mieter der Erhöhung zustimmen müssen.
  • Das Landgericht München I betonte, dass eine Kernsanierung eines bewohnbaren Mehrfamilienhauses aus den 1950er Jahren die Baujahreskategorie nicht verändert. Die Mietspiegelkategorisierung soll keinen Modernisierungsanreiz schaffen, sondern dient lediglich als indikativer Wert.
  • In Frankfurt am Main entschied das Amtsgericht, dass bei Wohnungen, die sich über unterschiedliche Baualtersklassen erstrecken, ein Mittelwert zur Ermittlung der Vergleichsmiete gebildet werden muss.

Über den Autor

Schreibe einen Kommentar