Zentrale oder dezentrale Wohnraumlüftung – welche Lüftungsanlage passt zu mir?

Von Dominik Hochwarth

Unsere Häuser und Wohnung werden immer dichter, so will es das Gesetz. Wer da nicht regelmäßig lüftet, bekommt früher oder später Probleme mit Schimmel. Eine Fensterlüftung sorgt hier für Abhilfe, doch wer ist schon den ganzen Tag zu Hause, um regelmäßig die Luft auszutauschen? Eine automatisierte Lüftung ist die Lösung – wie zum Beispiel bei der dezentrale Wohnraumlüftung. Was das bedeutet, wie sie funktioniert und welche Vor- und Nachteile sie besitzt, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

dezentrale Wohnraumlüftung
Die Lüfter einer dezentralen Wohnraumlüftung passen sich in der Regel unauffällig ins Wohnambiente ein

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Welche Möglichkeiten der Wohnraumlüftung gibt es?

Je nach den spezifischen Anforderungen eines Gebäudes gibt es verschiedene Arten von Wohnraumlüftungssystemen. Die wichtigsten Möglichkeiten der Wohnraumlüftung sind:

  1. Abluftanlage ohne Wärmerückgewinnung: Diese Anlage dient lediglich dem Abtransport verbrauchter Luft und ist besonders für Räume wie Küche, Bad oder WC sowie Abstellräume geeignet. In diesen Bereichen werden Abluftventilatoren oder -ventile installiert, die die verbrauchte Luft effizient abführen.
  2. Dezentrale Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung: Dieses System ist in der Außenwand des Raumes installiert und arbeitet sensorbasiert. Ein wesentliches Merkmal ist der integrierte Wärmetauscher, der aus Materialien wie Keramik, Metall oder Kunststoff besteht. Er speichert die Wärme der abgeführten Luft und verwendet sie, um die frisch zugeführte Außenluft zu erwärmen.
  3. Zentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung: Ähnlich wie die dezentrale Variante arbeitet auch dieses System mit einem Wärmetauscher, der die Wärme der Innenluft speichert und zur Erwärmung der frischen Außenluft nutzt. Der wesentliche Unterschied liegt in der zentralen Steuerung: Ein zentrales Lüftungsgerät, das über ein Luftkanalsystem mit den verschiedenen Räumen des Gebäudes verbunden ist, koordiniert die Belüftung.

Dezentrale Lüftungsanlage im Detail

Ein dezentrales Lüftungssystem dient der gezielten Belüftung von Wohnräumen und wird daher auch als „kontrollierte Wohnraumlüftung“ bezeichnet. Der Begriff „kontrolliert“ weist darauf hin, dass die Belüftung in einem automatisierten und regelmäßigen Rhythmus erfolgt, wodurch sie nicht dem Zufall überlassen wird.

Die Notwendigkeit für solche kontrollierten Lüftungssysteme ergibt sich aus den modernen Bauvorschriften, die einen hohen Wärmeschutzstandard vorsehen. Diese Vorschriften führen zu sehr dichten Gebäudehüllen, die den natürlichen Luftaustausch durch Fugen, Ritzen oder undichte Stellen an Fenstern und Dächern verhindern. Ohne ausreichende Belüftung steigt das Risiko erhöhter Feuchtigkeit, Kohlendioxid und anderer Schadstoffkonzentrationen im Raum, was sowohl die Gesundheit der Bewohner als auch die Bausubstanz negativ beeinflussen kann.

Dezentrale Lüftungssysteme bieten hier eine optimale Lösung, da sie speziell für die Belüftung einzelner Räume konzipiert sind. Im Gegensatz zu zentralen Lüftungssystemen, die die Belüftung eines gesamten Gebäudes von einem zentralen Punkt aus steuern, ermöglichen dezentrale Systeme eine individuellere Raumluftqualität.

Zentrale Lüftungsanlage im Detail

Eine zentrale Lüftungsanlage besteht aus mehreren Komponenten: einem Lüftungsgerät, das Ventilatoren und einen Wärmetauscher enthält, und einem Luftverteilsystem, das die Lüftung des gesamten Gebäudes steuert. Das Lüftungsgerät saugt frische Außenluft an, führt sie durch den Wärmetauscher und verteilt sie über Zuluftkanäle in die verschiedenen Wohnräume wie Wohn-, Schlaf- oder Kinderzimmer. Gleichzeitig wird die verbrauchte, warme Luft aus Funktionsräumen wie Bad, Küche oder WC über Abluftkanäle zum Lüftungsgerät transportiert.

Im Wärmetauscher findet ein effizienter Energieaustausch statt: Die Wärme der Abluft wird auf die frische Zuluft übertragen und so Energie zurückgewonnen. Anschließend wird die abgekühlte Abluft über Fortluftkanäle ins Freie geleitet. Dieses System ermöglicht nicht nur eine kontinuierliche Frischluftzufuhr, sondern trägt auch zur Energieeffizienz des Gebäudes bei. Zentrale Lüftungsanlagen ohne Wärmetauscher sind ebenfalls möglich, sind aus energetischer Sicht jedoch nicht zu empfehlen.

Unterschiede zwischen zentraler und dezentraler Lüftungsanlage

Sowohl zentrale als auch dezentrale Lüftungsanlagen können zur Belüftung ganzer Gebäude oder einzelner Wohneinheiten eingesetzt werden. Während dezentrale Systeme direkt in den Außenwänden der jeweiligen Räume installiert werden, befindet sich das Herzstück einer zentralen Lüftungsanlage, das Zentralgerät, meist im Keller oder in einem Technikraum und ist über Lüftungskanäle mit dem gesamten Gebäude verbunden.

In modernen, hochgedämmten Gebäuden wie Passiv- oder Nullenergiehäusern sind zentrale Lüftungsanlagen oft fester Bestandteil der Bauplanung. Sie sind jedoch in der Anschaffung und Installation deutlich teurer und aufwendiger als dezentrale Systeme. Dies macht den nachträglichen Einbau in Altbauten oft aufwändig und teuer.

Beide Anlagentypen benötigen eine jährliche Routinewartung. Zentrale Lüftungsanlagen erfordern jedoch zusätzlich alle 8 bis 10 Jahre eine gründliche und fachgerechte Reinigung des Luftverteilsystems aus hygienischen Gründen, was weitere Kosten und die Suche nach Fachfirmen verursacht. Dezentrale Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung haben in Bezug auf die Energieeffizienz oft die Nase vorn. Sie benötigen in der Regel weniger elektrische Leistung für die Ventilatoren, was sich positiv auf die Energiebilanz auswirkt.

Wie funktioniert der Luftaustausch bei einer dezentralen Lüftungsanlage?

Sie sind bereits mit den Grundlagen und Unterschieden zwischen dezentraler und zentraler Wohnraumlüftung vertraut. Nun vertiefen wir unser Wissen über den Luftaustausch in dezentralen Lüftungsanlagen. Es gibt im Wesentlichen zwei Hauptprinzipien:

  • Push- und Pull-Prinzip: Dies ist die gängigste Methode bei dezentralen Lüftungen. Hierbei arbeiten immer zwei Lüftungsgeräte als Paar zusammen. Sie werden an verschiedenen Stellen der Außenwand eines Raumes installiert und koordinieren ihre Luftströme miteinander. Während das eine Gerät frische Luft ins Innere leitet, transportiert das andere die verbrauchte Luft nach draußen. Dies ermöglicht eine effektive Querlüftung des Raumes. Interessanterweise wechseln die Ventilatoren in den Geräten alle 70 Sekunden ihre Laufrichtung, sodass sich Zuluft- und Abluftmodus regelmäßig abwechseln. Dieser Wechsel fördert durch entstehende Druckunterschiede die Luftzirkulation im Raum. Solche „Paarlüfter“ werden immer in geraden Mengen installiert.
  • Ventilatoren-Prinzip: Dieses Prinzip eignet sich besonders für Feuchträume oder wenn eine ungerade Anzahl von Lüfterpaaren benötigt wird. Hierbei kann ein Lüftungsgerät sowohl Zuluft als auch Abluft gleichzeitig handhaben. Das Lüftungsrohr ist in zwei separate Bereiche unterteilt, wodurch die Luft mit jeweils einem Ventilator in beide Richtungen fließen kann. Das Besondere hierbei ist, dass keine paarweise Installation erforderlich ist. Jeder dieser Einzelraumlüfter funktioniert bereits als eigenständiges Paar. Sie sind besonders in Feuchträumen wie Bädern, Küchen oder Hauswirtschaftsräumen gefragt, da sie die Feuchtigkeit effizient abtransportieren und verhindern, dass sie in andere Räume gelangt.

Dezentraler Paarlüfter oder Einzellüfter?

Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert, gibt es bei dezentralen Lüftungsanlagen zwei Hauptbetriebsarten: das Push-Pull-Prinzip und das 2-Ventilatoren-Prinzip. Je nach dieser Arbeitsweise unterscheiden sich auch die für die Installation erforderlichen Geräte:

  1. Dezentrale Paarlüfter (Push-Pull-Prinzip): Diese Geräte arbeiten im Verbund und eignen sich hervorragend für Wohnbereiche wie Wohnzimmer, Schlafzimmer oder offene Küchen- und Essbereiche. Wie der Name schon andeutet, sollten diese Lüfter immer in geraden Mengen (2, 4, 6, 8, 10 usw.) installiert werden. Sie sind vielseitig einsetzbar und decken die meisten Anwendungsbedürfnisse ab.
  2. Dezentrale Einzelraumlüfter (2-Ventilatoren-Prinzip): Diese Lüfter sind speziell für die Belüftung von weniger frequentierten Feuchträumen wie Badezimmern, Küchen oder Hauswirtschaftsräumen konzipiert. Da sie sowohl Zuluft als auch Abluft gleichzeitig handhaben können, sind sie flexibel in der Installation und können auch in Projekten mit einer ungeraden Anzahl von Lüftern verwendet werden. Sie ergänzen die Paarlüfter ideal.

Darüber hinaus gibt es spezielle dezentrale Einzelgeräte mit einer hohen Luftwechselrate, die sich vor allem für große Aufenthaltsräume wie Büros, Schulen oder Gewerberäume eignen. Diese Modelle haben einen größeren Geräteaufbau und ermöglichen den parallelen Zu- und Abluftstrom innerhalb des Gehäuses. Je nach Modell können sie mit einer oder zwei Kernlochbohrungen installiert werden. Aufgrund ihrer Größe benötigen sie mehr Wandfläche und erzeugen durch den intensiveren Betrieb auch einen höheren Geräuschpegel.

Vor- und Nachteile der dezentralen Lüftung

Wenn es um die Vor- und Nachteile der dezentralen Lüftung geht, ist das erst einmal eine Frage von Fensterlüftung oder automatischer Lüftung. Falls Sie sich für eine automatisierte Lüftung entschieden haben, geht es dann darum, ob es lieber eine zentrale oder dezentrale Wohnraumlüftung sein soll. Hier kommen die wichtigsten Argumente für oder gegen die dezentrale Lüftung.

VorteileNachteile
  • Sehr günstig in der Anschaffung
  • Keine aufwendige Planung notwendig
  • Eignet sich für Alt- und Neubauten
  • Kann jederzeit nachgerüstet werden
  • Gefilterte Luft, gut für Allergiker
  • Es sind keine Lüftungsleitungen notwendig
  • Kein Lüften übers Fenster notwendig
  • Senkt die Gefahr von Schimmelbildung
  • Energiesparend durch Wärmetauscher
  • Leicht zu reinigen und zu warten
  • Sensoren reagieren auf CO₂ oder Feuchtigkeit im Raum
  • Es lässt sich nur ein Raum mit Frischluft versorgen
  • Wärmerückgewinnung bei zentraler Lüftung höher
  • Mitunter störende Betriebsgeräusche (nicht bei allen Geräten)
  • Kernbohrung notwendig, Wärmedämmung wird unterbrochen
  • Es ist eine Außenwand notwendig
  • Auf der Fassade ist ein Außenluftgitter zu sehen
  • Geräusche können von draußen nach drinnen gelangen

Kann man mit einer Lüftungsanlage im Sommer kühlen?

Die Möglichkeit der Raumkühlung durch eine Lüftungsanlage wird häufig in Erwägung gezogen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass die Kapazität einer solchen Anlage für eine nur leichte Temperaturregulierung ausgelegt ist und nicht mit einer Klimaanlage vergleichbar ist. Effektiver sommerlicher Wärmeschutz und bewusstes Verhalten können jedoch dazu beitragen, die Kühllast zu reduzieren.

Notwendiger Luftwechsel

In Wohnlüftungsgeräten wird die Luftmenge so eingestellt, dass sowohl der bauphysikalische als auch der hygienische Luftwechsel (etwa 0,5-fach) gewährleistet ist, während gleichzeitig Energie gespart wird. Für eine effektive Kühlung wäre ein deutlich höherer Luftwechsel (etwa 6- bis 10-fach) erforderlich.

„Sanfte Kühlung“ durch Erdwärmetauscher

Eine moderate Temperaturregulierung der Luft kann durch den Einsatz eines Erdwärmetauschers erreicht werden. Dieser „kühlt“ die Außenluft sanft ab, bevor sie durch die Lüftungsanlage in die Innenräume geleitet wird. Im Winter sorgt der Erdwärmetauscher zudem für einen frostfreien Betrieb. Diese zwei Varianten von Erdwärmetauschern gibt es:

  • Erdwärmetauscher SOLE: Hier wird die Außenluft durch einen Sole-Erdkollektor temperiert.
  • Erdwärmetauscher LUFT: In dieser Variante wird die Außenluft durch einen im Erdreich verlegten Luftkollektor angesaugt und temperiert.

Sommerbypass für nächtliche Abkühlung

Besonders in den Sommermonaten sind die Nächte oft relativ kühl. Diese natürliche Abkühlung kann man nutzen, indem man ein Lüftungsgerät mit einem sogenannten Sommerbypass ausstattet. Dieser Bypass, der entweder manuell oder durch eine Gerätesteuerung aktiviert wird, leitet die kühle Nachtluft an der Wärmerückgewinnung vorbei. Dadurch wird verhindert, dass die kühle Zuluft durch die warme Abluft aus den Räumen aufgeheizt wird.

Zentral oder dezentral – das ist nun die Frage

Wer kostengünstig, einfach und schnell eine automatisierte Lüftung realisieren möchte, für den ist die dezentrale Wohnraumlüftung genau das Richtige. Sie eignet sich sowohl für die Sanierung von Altbauten als auch für den Einbau in Neubauten. Dabei wird der Lüftungskanal einfach in die Wand eingemauert.

Ob Sie sich für eine zentrale oder dezentrale Lüftung entscheiden, hängt ganz von Ihren persönlichen Vorlieben ab. Bei einer zentralen Lüftung erhalten Sie ein auf die gesamte Wohneinheit abgestimmtes System, bei einer dezentralen Lüftung können Sie für jeden Raum individuell entscheiden, was benötigt wird.

Bei der Planung einer automatischen Lüftungsanlage – egal ob zentral oder dezentral – sollten Sie auf jeden Fall einen Fachmann zu Rate ziehen. Er kann Ihnen genau sagen, was für Ihren Bedarf die richtige Wahl ist und wie die Geräte dimensioniert werden müssen.

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