So verarbeiten Sie Kalkputz richtig – Tipps für innen und außen

Von Dominik Hochwarth

Schon die Römer nutzten Kalk, um Thermen, Aquädukte und prächtige Villen zu errichten. Viele dieser Bauwerke trotzen noch heute Wind und Wetter – ein eindrucksvoller Beweis für die Langlebigkeit des Materials. Trotzdem verschwand Kalkputz in den letzten Jahrzehnten fast von den Baustellen.

Zement und Gipsputze galten als moderner, schneller und pflegeleichter. Doch mittlerweile entdeckt eine wachsende Zahl von Bauherren, Handwerker und Heimwerker den Naturputz wieder – und das aus gutem Grund: Kalkputz sorgt für gesunde Wände und ein angenehmes Raumklima.

Kalkputz auftragen
Echter Kalkputz hat viele positive Eigenschaften

Das erwartet Sie in diesem Beitrag

Was Kalkputz ist – und warum er besonders ist

Kalkputz gehört zu den mineralischen Putzen. Er besteht aus Kalkstein, Sand und Wasser, im Handel meist als Sackware in Pulverform erhältlich. Angemischt wird er mit Wasser auf der Baustelle oder als fertige Werktrockenmischung geliefert.

Das Besondere: Kalkputz härtet nicht über künstliche Bindemittel aus, sondern durch eine natürliche chemische Reaktion. Er nimmt Kohlendioxid aus der Luft auf und wird wieder zu Kalkstein. Dieser sogenannte Kalkkreislauf macht ihn nachhaltig und langlebig – im Grunde kehrt er in seinen ursprünglichen Zustand zurück.

Warum Kalkputz verdrängt wurde

Im modernen Baualltag hat sich Zement durchgesetzt. Er ist robuster, schneller zu verarbeiten und weniger empfindlich gegenüber Fehlern. Kalk dagegen verlangt Aufmerksamkeit:

  • Trocknet er zu schnell, reißt er.
  • Bleibt er zu feucht, läuft er die Wand hinab.
  • Der Untergrund muss sorgfältig vorbereitet werden.

Viele Bauunternehmen setzen deshalb lieber auf den „pflegeleichteren“ Zementputz. Kalkputz gilt manchen als altmodisch und arbeitsintensiv. Genau deshalb ist er im Massenbau selten geworden – obwohl er viele Vorteile hat.

Kalkputz
Kalkputz punktet mit zahlreichen positiven Eigenschaften

Vorteile für Wohngesundheit und Klima

Kalkputz ist mehr als nur Wandverkleidung. Er ist ein aktiver Baustein für Wohngesundheit:

  • Schimmelprävention: Der hohe pH-Wert macht es Pilzen schwer, sich anzusiedeln. „Das gefällt den Schimmelsporen gar nicht, so dass sie sich erst gar nicht niederlassen“, heißt es treffend in einem Fachbeitrag.
  • Feuchtigkeitsregulierung: Kalk wirkt wie ein Schwamm. Er nimmt überschüssige Feuchtigkeit auf und gibt sie wieder ab.
  • Raumklima: In einem Wohnzimmer kann Kalkputz bis zu 16 Liter Wasser zwischenspeichern. Das sorgt für ausgeglichene Luftfeuchtigkeit.
  • Schadstoffabbau: Kalk bindet Formaldehyd, Stickoxide und andere Schadstoffe.
  • Geruchsneutralisation: Gerade in Küchen oder Schlafzimmern praktisch.
  • Natürliche Optik: Glatt, strukturiert, weiß oder getönt – vieles ist möglich.

Wo die Schwächen liegen

Natürlich hat Kalkputz auch Nachteile:

  • Verarbeitung ist aufwendig und erfordert Erfahrung.
  • Löschkalk ist stark ätzend, Schutzkleidung ist Pflicht.
  • Außenwände ohne Dachüberstand oder Wetterschutz sind riskant – hier wird Kalkputz schnell ausgewaschen.
  • Er ist weniger druckfest als Zementputz.

Wann nimmt man Kalkputz?

Kalkputz eignet sich besonders für Innenräume mit hoher Feuchtigkeit: Badezimmer, Küchen, Waschküchen oder auch Schlafräume. Im Altbau kann er helfen, feuchte Wände trocken zu halten.

Im Neubau sorgt er für ein gesundes Klima. Außen wird er eingesetzt, wenn die Fassade geschützt ist – zum Beispiel unter einem weit auskragenden Dach.

  • Innenräume mit hoher Luftfeuchte: Bäder, Küchen, Waschküchen oder Schlafzimmer.
  • Altbau: Kann helfen, feuchte Wände trocken zu halten.
  • Neubau: Sorgt für ein ausgeglichenes Klima in dichten Gebäudehüllen.
  • Außenbereich: Geeignet bei geschützten Fassaden, etwa unter weit auskragenden Dächern.

Kleine Checkliste gegen typische Fehler

  • Nie in praller Sonne oder auf heiße Wände putzen.
  • Nie „Nachwasser“ beim Anziehen zugeben → schwächt den Putz.
  • Immer sauberes Werkzeug verwenden.
  • Immer Details (Laibungen, Ecken) mit Diagonalarmierung sichern.
  • Immer systemkonform beschichten (Kalk zu Kalk, Silikat zu mineralisch).

Kalkputz im Vergleich zu anderen Putzen

  • Kalkzementputz: Enthält zusätzlich Zement, wird dadurch härter und wetterbeständiger – eine gute Wahl für Sockelzonen oder stark beanspruchte Außenflächen.
  • Gipsputz: Lässt sich leicht verarbeiten und ergibt glatte Oberflächen, ist aber empfindlich gegen Feuchtigkeit und deshalb für Bäder oder Küchen ungeeignet.

Die Praxis zeigt: Für Wohnräume ist reiner Kalkputz meist die beste Wahl, während bei Fassaden oder stark belasteten Flächen Kalkzement die Nase vorn hat.

Welcher Untergrund für Kalkputz?

  • Ideal: Ziegel, Kalksandstein, Porenbeton, mineralische Altputze.
  • Mit Vorarbeit: Beton (Haftbrücke), glatte Anstriche (anschleifen/grundieren).
  • Putzträger nötig: Holz/OSB (Streckmetall, Putzträgerplatten), Gipskarton → erst geeigneten mineralischen Putzträger schaffen und Bewegungen entkoppeln.
  • Nicht geeignet: feuchte, salzbelastete Flächen ohne Sanierung, filmbildende Altbeschichtungen (Lacke, Dispersionsschichten) ohne vollständige Entfernung.

Körnung auswählen

  • 0,6–1,0 mm: feine Wohnräume, moderne Optik, farbige Anstriche wirken gleichmäßig.
  • 1,0–1,5 mm: Allrounder im Innenbereich, gute Reparaturfreundlichkeit.
  • 2,0–3,0 mm: robuste Flächen, Treppenhaus, partiell außen (geschützt).
  • Außen beachten: Exponierte Flächen lieber mit kalkzementären Systemen oder hydraulischem Kalk.

Untergrund und Grundierung

Kalkputz liebt mineralische Untergründe: Ziegel, Kalksandstein oder Porenbeton sind ideal. Auch auf Beton hält er, braucht dort aber eine Haftbrücke. Gipskartonplatten können mit Kalkputz beschichtet werden – allerdings nur mit geeignetem Putzträger. Holz oder OSB sind ungeeignet.

Eine Grundierung ist nicht immer nötig. Bei sehr glatten oder nicht saugenden Flächen (etwa Beton) ist ein Haftvermittler sinnvoll.

Verarbeitung: zweilagig zum besten Ergebnis

Kalkputz wird in der Regel zweischichtig aufgetragen:

  1. Unterputz: ca. 10 mm dick, gleicht Unebenheiten aus, puffert Spannungen und reguliert die Saugfähigkeit des Untergrunds. Armierungsgewebe kann hier eingearbeitet werden – ideal bei Mischmauerwerk.
  2. Oberputz: 3–5 mm dick, sorgt für die gewünschte Optik und schließt Poren. Mit feiner Körnung entsteht eine glatte Fläche, mit gröberer Struktur ein rustikaler Look.

Wann reicht eine Lage?
Im Innenraum auf ebenem, homogenen Untergrund (z. B. neuer Kalk-Zement-Grundputz, Kalkglätte auf Planeo), kann eine einlagige Kalkfeinspachtelung reichen. Dann aber dünn (meist 2–3 mm) und nur, wenn die Fläche wirklich eben ist.

Auftragsfolge – wann kommt die zweite Schicht?

  • Unterputz aufrauen (Gitterrabot), antrocknen lassen, dann Oberputz.
  • Warten Sie, bis der Unterputz tragfähig, aber noch mattfeucht ist, wenn „frisch in frisch“ vorgesehen ist – das verbessert die Haftung.
  • Bei getrennter Arbeitsweise gilt: trocknen lassen (Richtwert 1 Tag/mm), Oberfläche vor dem nächsten Auftrag anfeuchten.

Risse vermeiden – die wichtigsten Regeln

Risse entstehen oft durch zu schnelles Austrocknen, falsche Schichtdicken oder unterschiedliche Untergründe. Typische Auslöser sind Zugluft, Heizungsluft oder Frost.

Was hilft:

  • Untergrund prüfen, stark saugende Flächen vornässen.
  • Armierungsgewebe in den Unterputz einbetten, besonders an Fenster- und Türeckpunkten.
  • Lieber zwei dünne Lagen statt einer dicken.
  • Zugluft vermeiden, Flächen schattieren und langsam trocknen lassen.
  • Übergänge zwischen Materialien mit Trennfugen entkoppeln.

Faustregel Trocknung: Etwa 1 Tag pro Millimeter Schichtdicke bei 20 °C und 65 % Luftfeuchte.

Verbrauch und Materialbedarf

Als Richtwert gelten 1,2 bis 1,6 kg Trockenmörtel pro mm und m².

  • Unterputz (10 mm): 12–16 kg/m²
  • Oberputz (3–5 mm): 4–8 kg/m²
  • Gesamtsystem zweilagig (13–15 mm): 16–24 kg/m²

+10 % Reserve sollten für Verluste, Ecken und Unebenheiten eingeplant werden.

Echter Kalkputz?  Vorsicht vor Täuschungen

Immer mehr Menschen entdecken Kalkputz als wohngesunden Baustoff: schadstofffrei, feuchtigkeitsregulierend und schimmelhemmend. Doch trotz seiner Vorteile bleibt er für viele Bauherren nur ein Wunsch. Vier Gründe verhindern, dass sich Naturkalkputz flächendeckend durchsetzt.

1. Verbrauchertäuschung
Die Industrie wirbt aggressiv mit „Kalkputzen“, die in Wahrheit Zement enthalten und mit Bioziden belastet sind. Viele Kunden fallen auf Marketingversprechen herein und glauben, ein gesundes Produkt zu erhalten – dabei kaufen sie am Ende genau das Gegenteil.

2. Bauträger
Wer den Hausbau über einen Bauträger abwickelt, hat selten Spielraum für Änderungen. Kalkputz bedeutet längere Trocknungszeiten und andere Abläufe, was Bauunternehmen ungern einplanen. Ohne frühe Vereinbarung im Vertrag bleibt Naturkalk daher meist außen vor.

3. Preis
Auf den ersten Blick wirkt Kalkputz teurer. Doch wer Haltbarkeit, Werterhalt und geringere Renovierungsintervalle berücksichtigt, fährt langfristig günstiger. Das Problem: Viele betrachten nur die kurzfristigen Mehrkosten.

4. Verarbeiter
Obwohl es zehntausende Handwerksbetriebe in Deutschland gibt, beherrschen nur wenige die Verarbeitung von echtem Kalkputz. Dabei unterscheidet er sich nur in Details von herkömmlichen Mischungen. Fehlendes Wissen im Handwerk verhindert so, dass Bauherren ihre Wunschlösung umsetzen können.

Farben und Gestaltungsmöglichkeiten

Kalkputz ist vielseitig:

  • Körnung: feine Decklagen (0,6–1,0 mm) für elegante Flächen, mittlere Körnungen (1,0–1,5 mm) für Allround-Oberflächen, grobe (2,0–3,0 mm) für rustikale Optik.
  • Werkzeuge: Glättkelle, Reibebrett, Bürsten oder Zahnkellen erzeugen unterschiedliche Effekte.
  • Techniken: vom gleichmäßigen Filzen über markante Kratzputze bis zu glänzenden Stucco- oder Tadelakt-Oberflächen.

Für den Anstrich eignen sich Kalk- und Silikatfarben, da sie diffusionsoffen bleiben. Dispersions- und Latexfarben sind dagegen ungeeignet – sie behindern den Feuchtigkeitsaustausch und nehmen dem Kalkputz seine Stärke.

Kalkputz in Feuchträumen und beim Thema Schimmel

Kalkputz eignet sich hervorragend für feuchte Räume wie Bad, WC oder Küche. Einschränkungen gibt es nur in direkten Spritzwasserzonen wie Dusche oder Badewanne – hier sind Abdichtung und Fliesen besser.

Sein hoher pH-Wert hemmt Schimmelbildung. Dennoch kann Schimmel entstehen, wenn Oberflächen dauerhaft feucht bleiben oder filmbildende Farben die Atmungsaktivität blockieren. Möbel sollten daher nicht direkt an Außenwänden stehen, und regelmäßiges Lüften ist Pflicht.

Sanierputz oder Kalkputz?

  • Kalkputz: Ideal für normale Wohnräume, diffusionsoffen, feuchtigkeitsregulierend und alkalisch. Oft völlig ausreichend gegen oberflächlichen Schimmel – sofern die Ursache der Feuchte beseitigt ist.
  • Sanierputz: Entwickelt für feuchte- und salzbelastetes Mauerwerk, etwa in Kellern. Er hält Oberflächen trocken, lagert Salze ein und verhindert Abplatzungen.

Merksatz: Trockene Wand + Kalkputz = genug. Nasse, salzige Wand = Sanierputz + Abdichtung.

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13 Gedanken zu „So verarbeiten Sie Kalkputz richtig – Tipps für innen und außen“

  1. Hi Dominik, sehr interessanter und informativer Artikel!
    Hätte aber auch ohne den Sexismus funktioniert.
    Kalk ist wie eine Frau und „braucht jede Menge Aufmerksamkeit und zickt schon Mal rum, wenn er falsch behandelt wird. Da braucht es einen Fachmann, um ihn zu bändigen“?
    Dass Kalk ein anspruchsvoller Baustoff ist, kann auch anders ausgedrückt werden.

    Der Artikel ist von 2013, vielleicht siehst du das ja mittlerweile auch so :)
    Liebe Grüße,
    Hanne

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    • Hallo Hanne,

      ich wollte auch bereits 2013 euch Frauen nicht zu nahe treten, die Formulierung sollte eher mit einem Augenzwinkern betrachtet werden. Ich werde die „Frau“ im Satz aber ersatzlos streichen, damit keine Missverständnisse aufkommen.

      Liebe Grüße
      Dominik

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  2. Hallo,

    informativer Artikel! Mich würde dazu noch interessieren, wie es um die Recyclingfähigkeit oder Kreislauffähigkeit von Kalkputz bestellt ist. Könnte alter Kalkputz, der als Zuschlag lediglich Kalksstein-Brechsande enthält, erneut gebrannt werden, um Branntkalk zu erhalten?

    Nach meinem Verständnis handelt es sich bei abgebundenem Kalkputz um Calciumcarbonat. Kalkstein-Brechsande sind ebenfalls Calciumcarbonat. Da sollte nach dem Rückbau von altem Putz ein erneuter Brennvorgang möglich sein, oder liege ich hier komplett falsch?

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    • Theoretisch sollte es so sein, wenn es sich wirklich um Kalk handelt. Ist eben die Frage, ob sich der Aufwand lohnt, schließlich muss Kalk bei 800 Grad Celsius gebrannt werden. Und es muss sichergestellt sein, dass nicht noch andere Inhaltsstoffe den Kalkputz verunreinigen.

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